„Bronco“ Bettig bringt Stählerwiese zum Kochen!

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Der Matchwinner wird gefeiert: Die Mannschaft wirft Patrick Bettig nach seinem Ausgleichs-Hammer in die Luft. (Foto: Marvin Müller)

Herztropfen? Bitte nachfüllen. Das war nichts für schwache Nerven, was die beiden Spitzenteams der 3. Liga West am Samstagabend in der Kreuztaler Stählerwiese boten. Am Ende trennten sich der Tabellenzweite und der Tabellendritte mit 32:32 (15:16) nach einem spannenden, intensiven, schnellen und würdigen Top-Spiel.

Die Halle in Kreuztal war diesmal sehr gut gefüllt, auch dank der Fans der Gastmannschaft, die rund 60 lautstarke Anhänger mit aus dem hohen Norden gebracht hatte. Gleich von Beginn war die Stimmung prächtig – beim ersten Konter der Ferndorfer und dem ersten Tor durch Dennis Aust konnte man lautstärkemäßig direkt mal einen Eindruck bekommen, was bei diesem Top-Spiel geboten werden würde. Nach gleichmäßig verteilten Toren in den Anfangsminuten (der TuS hatte bei 4:3 und 8:8 jeweils zwei Siebenmeter verworfen) kam der Gast beim 11:13 (21. Minute) zum ersten Mal zu einer Zwei-Tore-Führung nach einem Vorontsov-Treffer. Diesen Vorsprung hielt der WHV zunächst durch einen Treffer in doppelter Unterzahl, Tim Hilger konnte in dieser wichtigen Phase den Anschluss herstellen, David Breuer glich zum 14:14 aus. Zwei, drei unkonzentrierte Aktionen, einfache Ballverluste, eine fragwürdige Zeitstrafe gegen Hilger – zur Halbzeit lagen die Siegerländer mit einem Tor zurück. Alles noch drin in einem engen Spiel zweiter Top-Teams auf Augenhöhe.

Drei wichtige Tore von Alex Koke hielten die Ferndorfer zu Beginn der zweiten Hälfte im Spiel – konnten jedoch die Tatsache auch nicht verhehlen, dass dem TuS in den entscheidenden Phasen oft dieser eine Ball zu verspringen schien, die Latte oder der Pfosten im Weg war oder Christoph Dannigkeit im WHV-Gehäuse gut hielt. Und so kostete es die Mannschaft von Erik Wudtke enorme Kraft, die Gäste immer wieder einzuholen und nicht davonziehen zu lassen. Moritz Barkow (21:21) und Simon Breuer (23:23) waren jeweils für den Ausgleich zuständig. In der 47. Minute knackte der Wilhelmshavener HV dann jedoch die Marke zum Drei-Tore-Vorsprung und zwang damit den TuS, eine Auszeit zu nehmen in dieser vorentscheidenden Phase. Und es war wieder Alex Koke, der in der 52. Minute den 27:27-Ausgleich erzielte, und damit die heiße Schlussphase einläutete. Diese hatte zunächst mal einen spektakulären Unterarm-Wurf von Simon Breuer zu bieten, dem jedoch Lukas Mertens, der teilweise scheinbar schwerelos durch den Kreis flog, das 29:28 für den WHV folgen ließ. Die Stählerwiese war zu diesem Zeitpunkt so laut wie schon lange nicht mehr und bei Carsten Langes 29:29 und der darauf folgenden Parade von Max Hamers tobte das Publikum. Die erste Führung für den TuS Ferndorf in der zweiten Halbzeit beklatschten die Fans beim 30:29 durch Dennis Aust, der einige Male mit hohen Würfen an Dannigkeit oder den Pfosten gescheitert war und es diesmal mit einem flachen Dreher besser machte.

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Doch auch dies sollte noch nicht das Ende der Fahnenstange sein. Das Spiel hatte noch einiges zu bieten. Die Kommentare unter den Zuschauern reichten nach der Partie von „Wahnsinn“ über „Sowas haben wir noch nicht gesehen“ bis „Wie kann man nur?“. Der Wilhelmshavener HV zeigte in den letzten Minuten, warum sie zurecht als Spitzenmannschaft der Liga gelten. Besonders Mittelmann Tobias Schwolow packte die Nerven in den Kleiderschrank zuhause im Norden und schoss sein Team mit drei Toren in Folge zum vermeintlichen Sieg in Kreuztal. 30:32 stand es eine halbe Minute vor dem Ende – erste Fans bewegten sich da schon gen Ausgang und sie sollten etwas verpassen. Der starke Alex Koke erzielte den Anschluss zum 31:32, da waren es noch zwanzig Sekunden zu spielen. Und der TuS kam wieder in Ballbesitz, diesen verschaffte Lukas Kalafut ihnen jedoch nicht rasch genug, der WHVler legte den Ball ab und ließ ihn Richtung TuS-Tor rollen – Disqualifikation. Noch sechs Sekunden. Nach einem Zweikampf mussten sowohl Koke als auch Evgeny Vorontsow mit einer Zeitstrafe auf die Bank – die Zeit war abgelaufen, einen Freiwurf sollte es noch geben. Bis es zu diesem entscheidenden Wurf kommen sollte, vergingen jedoch gute fünf Minuten. Aufregung auf der Tribüne und in der Halle, ein Auflauf auf den Zuschauerrängen auf Höhe Mittellinie und plötzlich sprang WHV-Coach Köhrmann an der Tribünenwand hoch, griff oder schlug nach einem Fan. Daraufhin sah er die Rote Karte, für ihn verließ Sebastian Maas das Spielfeld, so dass in der Mauer gegen den Freiwurf nach der Sirene nur noch drei Mann standen. „Ich habe Patrick Bettig, der bis dahin noch keine Einsatzzeit hatte, gesagt, dass er den Wurf nehmen wird. Daraufhin ist sein Puls mal kurz von 45 auf 50 hochgegangen und dann hat er ihn reingeworfen“, beschrieb TuS-Coach Erik Wudtke schmunzelnd die letzten Sekunden.

 

Was der Ferndorfer Trainer so lakonisch umschreibt, gehört wohl zu den dramatischsten und spannendsten Sekunden, die man in der Stählerwiese bisher erlebt hat. Die gesamte Halle stand, blickte auf Patrick „Bronco“ Bettig, der einmal kurz antäuschte und dann rechts an der Mauer und an Dannigkeit vorbei den Ball mit Vollgas in die Maschen zimmerte – der Rest war Jubel, Feiern und ein nicht enden wollender Applaus des Ferndorfer Publikums. „Wir haben heute die Unterstützung der Fans gebraucht und gespürt. Das war eine ganz tolle Stimmung, für die wir uns herzlich bedanken“, so Wudtke, „wir haben teilweise nicht so gespielt, wie wir uns das vorgestellt haben. Wilhelmshaven hat mehr Gegenstöße gelaufen als wir, da haben wir einige zu einfache Tore kassiert. Der WHV ist eine gute Mannschaft und die nutzen solche Möglichkeiten. Wie sich meine Truppe gefreut hat, zeigt, dass wir alle gemeinsam wollen, dass wir kämpfen, ackern und dass wir ein gemeinsames Ziel haben“, ergänzte Wudtke auf der offiziellen Pressekonferenz, von der sein Gegenüber Köhrmann im Übrigen mit dem Kommentar „Kein Interesse“ fernblieb.

 

TuS Ferndorf: Rottschäfer, Hamers, Koke (8/2), D. Breuer (7/5), Aust (4), Lange (4), S. Breuer (2), Schneider (2), Barkow (1), Johnen (1), Bettig (1), Hilger (1), A. Sijaric (1), M. Sijaric.


Alle Fotos: Marvin Müller

 

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