Der Handballtag hatte für die Spieler des TuS Ferndorf denkwürdig begonnen. Ein kleiner Autokorso, geschmückt in rot-weiß, zog auf der A4 am Mannschaftsbus des TuS Ferndorf vorbei. Zusatzmotivation, derer es eigentlich nicht bedurft hätte. Lag doch schon aufgrund des erst elf Tage alten Hinspiels genug Brisanz in der oberbergischen Luft.
Das konnten die Mannen von Ferndorfs Coach Robert Andersson bereits in den ersten Minuten spüren. Gummersbach begann mit einer äußerst variablen Abwehr, die sich mit schnellen Beinen auf das Ferndorfer Spiel eingestellt hatte. Hinter den Defensivreihen agierten auf beiden Seiten Keeper, die sich immer wieder auszeichnen konnten. Auf der einen Seite Matthias Puhle und auf seiten des TuS Tim Hottgenroth. So ging es Kopf an Kopf durch die ersten zehn Minuten und die Anzeigetafel zeigte ein 4:4. Dann traten auf Seiten der Gastgeber zwei Akteure auf den Plan, die zusammen auf siebzehn Tore kamen und dem TuS das Leben schwer machten – Raul Santos auf Linksaußen und Janko Bozovic auf Halbrechts. Andersson hatte genug gesehen und nahm seine erste Auszeit. Neu eingestellt kam der TuS-Express endlich ins Rollen und beim 8:8 war der Gleichstand wieder hergestellt. Christopher Klasmann setzte nun endlich Akzente, wobei der Führungstreffer einfach nicht gelingen wollte. Stattdessen griffen nun die Schiedsrichter ins Spielgeschehen ein und verteilten zwei diskussionswürdige Zeitstrafen an Branimir Koloper und Julian Schneider. Die doppelte Überzahl nutzten die in blau gekleideten Gummersbacher für die erste Drei-Tore-Führung des Abends. Als kurz vor der Halbzeit das 16:12 für die Gastgeber fiel, wusste man im Ferndorfer Lager, dass in Halbzeit Zwei eine Mammutaufgabe auf das Team warten würde.
Doch was die Andersson-Equipe in den letzten Wochen ausgezeichnet hat, brachte sie auch gestern wieder aufs Parkett – einen unbändigen Siegeswillen, den die Blauen selbst mit dem 21:15 in der 36.Minute nicht zähmen konnten. Zum Sechs-Tore-Rückstand gesellte sich dann auch noch die rote Karte gegen Koloper, der Bozovic bei einer Abwehraktion im Gesicht getroffen hatte. Doch all das konnte dem Ferndorfer Kampfgeist nichts anhaben. Ganz im Gegenteil – ab diesem Zeitpunkt war es ein anderes Spiel. Josip Eres spektakulär von Außen und Mattis Michel mit einer 100% Quote von der Siebenmeter-Linie. Goggi Sigurdsson legte die grüne Karte und bat seine Mannschaft zum Gespräch. Doch das Ferndorfer Team war nicht mehr aufzuhalten. Von allen Positionen konnte Torgefahr ausgestrahlt werden und die Abwehr stand trotz des Koloper-Rots sehr gut. Hierbei machte insbesondere Thomas Rink einen ausgezeichneten Eindruck – sowohl mit neuer Frisur aufwartend, wie auch mit gewohnt maximalem Einsatz für sein Team. Als aber dann der wieder einmal toll aufspielende Torben Matzken mit einem Pferdekuss passen musste, war ein Ende der Aufholjagd in Sicht. Doch die Rot-Weißen waren noch nicht fertig – und spätestens nach Christopher Klasmanns Traumpass auf Mattis Michel und dessen 26:26 Ausgleich stand die Partie auf des Messers Schneide. Wer hätte das zwanzig Minuten zuvor gedacht ? Doch dieses Spiel hielt noch zwei Szenen parat, die beweisen dass das Spielglück diesmal kein rot-weißes Trikot an hatte. Erst schoss man Matthias Puhle zum Helden, der sich mit einer Doppel-Parade auszeichnen konnte. Und anschließend landet beim 29:28 Zwischenstand der Abpraller vom Marin Durica nicht beim Mitspieler, sondern bei Gummersbachs Kreisläufer Jonas Stüber, der sich nicht zwei Mal bitten ließ. So muss man am Ende eine 30:28 Niederlage quittieren, hat sich aber alles in allem nicht viel vorzuwerfen. Dem großen Aufstiegsfavoriten aus dem Oberbergischen konnte bis in die Schlussphase hinein Paroli geboten werden. Und obendrein hat es wieder viel Spaß gemacht, den Kampfwillen der TuS-Spieler zu sehen.
Vielleicht machen sich die Verantwortlichen beim TuS Ferndorf mal Gedanken, den Verein in FC Ferndorf umzubenennen. Was nichts mit den Tretballern zu tun hat, sondern eine passende Abkürzung für das Auftreten der Jungs in den letzten Wochen wäre: Fight Club Ferndorf ! Spaß beiseite – denn die nächste Herausforderung wartet. Nicht mit einer englischen Woche, aber doch mit zwei Spielen in einer Woche. Denn am kommenden Wochenende kommt es zu einem Doppelspieltag. Am Freitagabend um 19:30 Uhr gastiert der VfL Lübeck-Schwartau in der Stählerwiese. Und nur 43 Stunden nach Abpfiff der ersten Partie, kommt es in der Hansehalle Lübeck zum zweiten Aufeinandertreffen. Eine Konstellation, die den coronabedingten Spielverlegungen geschuldet ist. Und zudem eine Konstellation, die es so auch nur ganz selten gibt – eine Familien-Zusammenführung der besonderen Art. Papa Robert als Trainer des TuS Ferndorf und sein Sohn Julius als Spieler des VfL Lübeck, bzw. letztjähriger MVP in Reihen des TuS.
Tore: Mattis Michel (6/4), Josip Eres (5), Christopher Klasmann (5), Julian & Lucas Schneider (je 3), Torben Matzken, Thomas Rink (je 2), Andreas Bornemann, Jonas Faulenbach (je 1)
Fotos: Heiko Burbach