Der Aufstiegsaspirant ist eine Nummer zu groß für den TuS 

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Die Hinfahrt ins Wiehengebirge hatte etwas von Stochern im Nebel. Und auch das Spiel der TuS-Equipe in der Kreissporthalle Lübbecke, in die die Mindener seit einiger Zeit umziehen müssen, hatte am zweiten Weihnachtsfeiertag etwas von Stochern im Nebel. Nicht nur TuS-Coach Ceven Klatt sprach nachher davon, dass seine Jungs die kommende WM-Pause brauchen. Spielern, Verantwortlichen, Fans – allen war anzumerken, dass die nun anstehenden sechs Wochen Pause geradezu herbeigesehnt wurden. Eine unglaublich kräftezehrende Hinrunde hat ihre Spuren hinterlassen. Über den Jahreswechsel stehen die Michel & Co. auf Platz Elf der Tabelle. Das liest sich auf den ersten Blick gut, aber bei näherem Hinsehen fällt auf, dass Platz Siebzehn, und somit ein Abstiegsplatz, nicht mehr weit entfernt ist. Aber die Sinne sind geschärft und ab dem 7. Februar greifen die Jungs aus dem handballverrücktesten Dorf des Siegerlandes wieder an.

Can Adanir, bester Ferndorfer in Minden, zeigte gleich zu Beginn eine Parade und Julius Fanger glich auf der Gegenseite zum 1:1 aus. Dass in dieser zweiten Minute die Partie ein letztes Mal unentschieden stand, war zu diesem Zeitpunkt nicht zu erahnen. Eine frühe Zeitstrafe gegen Gabriel Viana nutzten die Gastgeber indes für einen 3:0 Zwischenspurt. Zwei Tore davon ins verwaiste Ferndorfer Tor nach technischen Fehlern im Angriffsspiel. Da waren die zwei elementar wichtigen Dinge, die bei solch einem Spiel nicht passieren dürfen. Technische Fehler und Unterzahlsituationen – eine ganz schlechte Kombination, wenn man bei einem Spitzenteam reüssieren möchte. In die gleiche Kerbe schlug Klatt nach der Partie: „Wir machen, nicht nur in der Anfangsphase, viel zu viele Fehler. Dadurch geben wir Minden auch direkt die Chance, sich durch die Euphorie tragen zu lassen.“ Nach sieben Minuten prangte auf der Anzeigetafel ein 7:2 Zwischenstand. Gefühlt hatten die Rot-Weißen zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht wirklich am Spiel teilgenommen. Mit Ausnahme Adanirs, der in der achten Minute sogar einen Mindener Siebenmeter entschärfte. Beim 8:3 hatte Klatt genug gesehen und bat zur Auszeit. Janko Kevic kam für Fanger und brachte mehr Ordnung ins Spiel. Und während man im Abwehrverbund nach und nach besseren Zugriff fand, wurde im Angriffsspiel Heim-Keeper Malte Semisch zum König von Lübbecke geschossen. Immer wieder brachte der langjährige Bundesliga-Torwart irgendein Körperteil in die Flugbahn, so dass die Jungs vom Kindelsberg nicht wirklich aufschließen konnten. Nach dem 10:4 (13.) gelangen den TuS-Jungs drei Tore in Folge, was die Hoffnung ins Siegerland zurück brachte. Kevic führte klug Regie, setzte seine Nebenleute bestens in Szene und traf auch selbst. Beim 11:9 (19.) waren es erstmals nach dem 3:1 wieder nur zwei Tore Rückstand. Auffällig allerdings, dass Klatt auch nach zwanzig Minuten noch keine Formation gefunden hatte, die vorne wie hinten funktionierte. „Immer wieder wenn wir die Chance hatten zurück ins Spiel zu kommen, machen wir wieder technische Fehler“ – Klatt spricht zum Beispiel von der Phase nach dem 12:10, als man wieder einmal technische Unzulänglichkeiten am Fließband produzierte und sich obendrein noch eine Zeitstrafe einhandelte. Die Quittung war das 17:11 in der 27.Minute. Bis zur Halbzeit robbte sich die TuS-Equipe zwar auf 19:14 heran, aber man hatte nicht das Gefühl, dass man für was Zählbares beim Traditionsverein aus Dankersen in Frage kam. Die beiden Trainer hatten die erste Halbzeit ähnlich gesehen. Während Mindens Coach Aaron Ziercke davon sprach, dass ihnen „die letzte Konsequenz gefehlt hat, um Ferndorf mehr als 20 Tore einzuschenken“, sprach Klatt die fehlende Abwehrperformance an, als er sagte, dass „19 Tore ganz klar gegen die Abwehrpräsenz seines Teams sprechen“.

Nach der Halbzeit war es insbesondere Daniel Hideg, der seine Farben wieder ins Spiel zurück brachte. Drei Mal traf der Dossenheimer in den fünf Minuten nach der Pause. In der Abwehr kam auch der lange verletzte Philip Würz ins Spiel. Die bessere Abwehrperformance war allerdings auch den Personalrochaden geschuldet, denn mit Daniel Hideg, Mattis Michel, Philip Würz, Tino Duvancic und Fabian Hecker standen gleich fünf gute Abwehrspieler auf dem Feld. Mindens Kreisläufer-Ass Adam Nyfjäll hatten die Rot-Weißen bestens im Griff. Doch gerade über Linksaußen, in Person von Florian Kranzmann, kamen die Gastgeber immer wieder zu einfachen Toren. Adanir konnte sich zwar immer wieder auszeichnen und zeigte in der 41.Minute, beim Stand von  25:19, eine Monster-Parade. Doch danach ging fünf Minuten lang auf beiden Seiten wenig zusammen. Semisch nahm immer wieder Bälle der Rot-Weißen weg und stand nach 45 Minuten bei über 35% gehaltener Bälle, was sich allerdings nach noch mehr anfühlte. Vor 1823 Zuschauern standen die Hausherren ab der 45.Minute dann wieder brutal auf dem Gaspedal. Während sich bei den Klatt-Mannen immer und immer wieder technische Fehler ins Spiel einschlichen und die Chancenverwertung zu wünschen übrig ließ, war die Effektivität der Ostwestfalen einfach um ein Vielfaches besser. Nach fünfzig Minuten stand es 29:22 und die Crunch-Time war eher ein Schaulaufen für den aktuellen Tabellenzweiten. Auch offensivere Abwehrformationen auf Ferndorfer Seite fruchteten nicht, so dass es hinten raus immer wieder Gelegenheiten gab – Gelegenheiten für Semisch sich auszuzeichnen, sowie für Kranzmann, um sein Torekonto auf am Ende zwölf Treffer zu schrauben. Das Würz-Comeback gibt Hoffnung. Und auch die Leistung Adanirs war in Ordnung. Doch im Großen und Ganzen war der 34:28 Endstand fast noch ein wenig schmeichelhaft für die TuS-Equipe. Es fühlte sich ein Stück weit bitterer an.

Doch der Blick geht schon wieder nach vorne. Zwei Testspielen Ende Januar, gegen Gummersbachs Zweitvertretung und die HSG Wetzlar, folgt der Rückrundenauftakt in der Liga am 7. Februar 2025. Dann geht es zum ewig jungen Duell an den Mittelrhein, zum TSV Bayer Dormagen, den man im Hinspiel 31:27 besiegen konnte. Beim Spiel am zweiten Weihnachtsfeiertag hatten rund vierzig TuS-Fans die Fahrt auf sich genommen, um die Michel & Co. vor Ort zu unterstützen. In Dormagen sind es dann hoffentlich noch ein paar Fans mehr, wenn es zu einem immens wichtigen Spiel um den Klassenerhalt kommt. Dann heißt es zum ersten Mal in 2025: Alle dabei in Liga Zwei!

Tore: Daniel Hideg (9), Josip Eres, Julius Fanger, Marvin Mundus (je 3), Hampus Dahlgren (3/2), Valentino Duvancic, Janko Kevic (je 2), Fabian Hecker, Mattis Michel, Paul Schikora (je 1)


Fotos: Angela Metge/GWD Minden/2.HBL

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