Der Favorit macht kurzen Prozess

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Wer sich an die beiden letzten Auftritte der rot-weißen Mannen in der Schwalbe-Arena erinnert, gerät mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ins Schwärmen. Zwei Mal hatte man den großen Favoriten in dessen Halle am Rande einer Niederlage. Ebenso mutig wollte der TuS sich auch am Mittwochabend präsentieren. Doch was verheißungsvoll begann, endete in einer kleinen Katastrophe. Denn auch wenn man weitere Ausfälle zu verzeichnen hatte, so muss man in der TuS-Historie doch lange zurückblättern, um eine Halbzeit zu finden in der man so vorgeführt wurde, wie in den zweiten dreißig Minuten von Gummersbach im Dezember 2021.

Dabei begann die Partie in den ersten fünf Minuten durchaus verheißungsvoll. Mattis Michel mit zwei schön herausgespielten Treffern und Simon Strakeljahn sorgten für ein 3:3. Und selbst von den ersten Paraden Martin Nagys, sowie den ersten beiden Zeitstrafen, ließen sich die Schützlinge von Coach Robert Andersson nicht aus der Fassung bringen. 6:6 hieß es nach zwölf Minuten und die mitgereisten Fans aus dem Siegerland waren durchaus angetan von der Leistung der Ihren. Doch was dann folgte, waren acht rabenschwarze Minuten. Paraden des gegnerischen Torwarts, technische Fehler, Aluminiumtreffer und Würfe über und neben das Tor reihten sich nahtlos aneinander. Hätte Kai Rottschäfer nicht auch hier und da die Hand an den Ball bekommen, es wäre schon sehr früh ein Himmelfahrtskommando geworden. Apropos Rottschäfer – der musste wieder aushelfen, weil sich der befürchtete Leistenbruch bei Tim Hottgenroth zwar nicht bestätigte, dieser aber trotzdem nicht spielen konnte. So hieß das Torhüter-Duo Rottschäfer/Puhl, so wie ja bereits viele Jahre zuvor. Zu dem Ausfall Hottgenroths gesellte sich zu allem Übel auch noch Tim Rüdiger, des es mit einem grippalen Infekt niedergestreckt hatte. So verwunderte es kaum, dass die Gummersbacher nach einem kräftigen Tritt aufs Gaspedal ein 12:6 auf die Anzeigetafel zauberten. Angetan von der Leistung ihrer Mannschaft war nun auch die Schwalbe-Arena ein Faktor. Es musste einem Angst und Bange werden um die Andersson-Equipe. Doch der TuS entdeckte in den zehn Minuten vor dem Halbzeitpfiff sein Kämpferherz. Lucas Puhl, der Capitano, der gestern erste Wettkampfpraxis nach langen, leidvollen Monaten sammelte, führte sich mit einem gehaltenen Siebenmeter ein. Und da Rutger ten Velde auf der anderen Seite sein Visier richtig eingestellt hatte, kamen die Siegerländer Jungs noch einmal heran. Ärgerlich, dass dem nie zu stoppenden Gummersbacher Kreisläufer Jonas Stüber, noch kurz vor dem Gang in die Kabine zwei Tore gelangen. 15:10 lautete der Halbzeitstand.

Strakeljahn hatte in der Pause anscheinend die Lust am Torewerfen gefunden. Die ersten drei Treffer in Halbzeit Zwei gingen auf das Konto des jungen Mittelmannes. Und doch schien es eine Blaupause zu den ersten dreißig Minuten zu werden. Denn nach gutem Beginn und einem 17:13 in der 33.Minute nahm das Schicksal seinen Lauf. Andersson hatte bis dahin schon viel gewechselt, eine frühe Auszeit in Hälfte eins genommen und alles versucht, aber die Sieben, die sowohl in Angriff wie auch Abwehr zu einer starken Leistung fähig gewesen wären, konnte der Schwede nicht ausmachen. Ganz im Gegenteil. Man kam kaum noch dazu, den Tabellenführer aus dem Oberbergischen überhaupt in die Bredouille des geschlossenen Angriffsspiels zu zwingen. Ein schnelle Mitte nach der anderen sowie ein Tempogegenstoß nach dem anderen rollten nun Richtung Tor der beiden Männer, die Andersson aus seiner Pauschalkritik ausnahm: „Einzig unsere beiden Torhüter haben dagegengehalten.“ Am Ende notierten die Statistiker zwanzig Tempogegenstoßtore, was einer Mannschaft in der zweiten Handball Bundesliga einfach nicht passieren darf. Auf Seiten des Tabellenersten und großen Aufstiegsfavoriten lief dagegen alles zusammen. Ein perfekter Tag für das Team des isländischen Trainer Gudjon Valur Sigurdsson, in dem sich nun jeder Spieler in die Torschützenliste eintragen durfte. 27:17 und 35:18 lauteten die Zwischenstände in der 40. und 50.Minute. Gummersbach hatte Gefallen daran gefunden, mit aller Vehemenz auf das vierzigste Tor zu spielen. Odinn Thor Rikhardsson, kurzfristig verpflichteter Blohme-Ersatz auf Rechtsaußen, dürfte nach seiner Einstands-Kiste eine weitere folgen lassen für das vierzigste Tor der Begegnung. Auf Seiten der Rot-Weißen war man derweil schon in Gedanken beim kommenden Sonntag. Und das einzig Positive aus diesem Spiel dürfte sein, dass sich Niemand verletzt hat. 42:25 hieß der Endstand – eine Niederlage, die einem Knock-Out beim Boxen gleich kommt. Doch auch niedergestreckte Boxer stehen wieder auf und versuchen es beim nächsten Kampf besser zu machen.

Das wird auch das Bestreben der Andersson-Mannen sein, denn die Gelegenheit dazu bietet sich schon am kommenden Sonntag. Das in der zweiten Liga übliche Weihnachtsspiel am 26.Dezember bestreitet der TuS Ferndorf gegen den Tabellenvordermann aus Dormagen. Eine in allen Belangen richtungsweisende Begegnung. Will man in der Rückrunde weiterhin am Klassenerhalt schnuppern, muss gegen Dormagen ein Sieg her. Bei diesem Unterfangen kommt es mehr denn ja auf die Unterstützung der Fans an. Hoffentlich entfacht der Hexenkessel Stählerwiese am späten Sonntagnachmittag wieder seine Wirkung und trägt die Schneider, Michel & Co. zum eminent wichtigen Heimsieg.

Tore: Simon Strakeljahn (7), Kim Voss-Fels (4), Lucas Schneider (3), Valentino Duvancic, Mattis Michel, Lucas Puhl (je 2), Rutger ten Velde (2/1), Niklas Diebel, Julian Schneider, Lukas Siegler (je 1)


Fotos: H.Burbach

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