Emotional: „Dave“ nach Krebserkrankung zurück

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David Breuer wird auch nach dem Spiel noch minutenlang gefeiert (Foto: Sommer)

David Breuer wird auch nach dem Spiel am Wochenende noch minutenlang gefeiert (Foto: Sommer)

„David Breuer schwer erkrankt“ lautete im August 2014 die Schlagzeile in zahlreichen regionalen und überregionalen Medien und natürlich auch auf der Webseite des TuS Ferndorf. Der Handballer, der seit 2013 bei den Ferndorfern spielt, war im Sommer an Hodenkrebs erkrankt. Ein Schock für die TuS-Familie, seine Mitspieler, die Verantwortlichen und Fans des Drittligisten. Jetzt, Anfang Februar, gilt der 33-jährige Linkshänder als geheilt. In einem Gespräch gibt David Breuer Einblicke in die vergangenen Monate und erzählt auf beeindruckende Art und Weise von seinem Umgang mit dem Krebs, großer Unterstützung durch seinen Verein und darüber, wie er wieder in seinen geliebten Sport zurückkehren will.

Bereits am vergangenen Samstag durfte „Dave“ beim Heimspiel des TuS Ferndorf gegen Aufsteiger SV 64 Zweibrücken wieder mit einlaufen. Doch nicht genug, denn der Jubel der 900 Zuschauer kannte keine Grenzen, als ihn Trainer Erik Wudtke nach 49 Minuten für einen Siebenmeter – den er auch verwandelte – einwechselte. Spontan erhoben sich alle Zuschauer in der Halle von den Sitzen und huldigten David mit Standing Ovations – „Gänsehaut-Feeling“ und ein wahrlich emotionaler Moment für alle Anwesenden, aber auch ganz besonders für den vorbildlichen Sportler und sympathischen Menschen David Breuer selbst.

Ein Gänsehaut-Feeling pur für alle Anwesenden (Foto: Sommer)

Ein Gänsehaut-Feeling pur für alle Anwesenden (Foto: Sommer)


DAS INTERVIEW:

David, was denkt ein 32jähriger, durchtrainierter Leistungssportler, wenn er die Diagnose Krebs bekommt?
Scheiße.

Von heute auf morgen war Schluss mit Handball – aber nicht nur das hat sich geändert. Das ganze Leben ist plötzlich ein anderes, oder?
Ja, das stimmt. Mir war zwar bewusst, dass bei Hodenkrebs meistens gute Heilungschancen bestehen, aber von jetzt auf gleich musste ich alle Konzentration und Kraft auf die Chemotherapie und meine Gesundung richten. Denn dieses Problem kann man nicht aufschieben.

Du warst mitten in der Vorbereitung auf die neue Saison, hast Kondition gebolzt, viel trainiert – was hat die Krankheit und auch die Behandlungen mit Deinem Körper gemacht?
Die Krankheit hat keine Schmerzen verursacht. Bei den Medikamenten sieht das schon anders aus. Eine Chemotherapie ist eine gezielte Vergiftung, die den Körper ruiniert, da neben den Krebszellen auch die Körperzellen angegriffen werden. Zusätzlich gibt es eine ganze Bandbreite an harmlosen bis schauerlichen Nebenwirkungen. Müdigkeit, Erschöpfung, Übelkeit, Schleimhautprobleme oder Haarausfall ist da nur ein kleiner Auszug von dem was auch ich durchleiden musste. Bei mir war das Immunsystem manchmal sehr schwach wodurch Keime die der Körper sonst locker abwehrt lebensbedrohlich werden. Ich bin jedoch dankbar für meine Ärzte und Krankenschwestern, die alles sehr präzise überwacht haben, so dass es nie kritisch wurde.

Wie war der Verlauf nach der Diagnose? Gab es Momente, an denen Du aufgeben wolltest?
Aufgeben? Kann ich ein Paket bei der Post. Aber nicht mich selbst. Diese Einstellung habe ich aus dem Sport. Ich habe nie Angst davor gehabt mich mit Leuten anzulegen, die zwei Köpfe größer als ich sind und offensichtlich viel mehr frühstücken. Und ich habe in Mannschaften spielen dürfen, die auf dem Papier haushoch unterlegen waren, aber mit Mut Und Kämpferherz große Sportwunder vollbracht haben. Ich brauche mir nur diese elektrisierenden Emotionen ins Gedächtnis zu rufen, dann ist aufgeben kein Thema für mich. Selbst wenn der Gegner auf einmal Krebs heißt.

Was hat Dir in den Tagen, in denen es schlimm war, in den vielen Stunden bei Ärzten und im Krankenhaus oder auch alleine zuhause, was hat Dir da Kraft gegeben?
Dieser Schicksalsschlag war für mich die Chance mir selbst zu beweisen, dass die eigene positive Lebenseinstellung nicht nur aus leeren Durchhalteparolen besteht. Dabei hat mich meine Familie, meine Freundin und mein Freundeskreis unterstützt, denen ich hiermit noch tausend mal Danke sage! Auch die Orientierung an Vorbildern gibt mir Energie. Ich identifiziere mich seit Kindesbeinen mit der Filmfigur „Rocky“, die auch einen Anteil an meiner Lebenseinstellung hat. Es geht darum Schläge einzustecken und trotzdem weiterzumachen egal wie mies die Zeiten sind.

Wie war während der ganzen Zeit der Kontakt zu Deinen Mannschaftskollegen?
Durch die harten Medikamente war ich oft sehr müde und geschwächt. Da war der direkte Kontakt zeitwiese auf Telefon- und Schriftkontakt reduziert. Die Jungs haben mir auf indirektem Weg aber sehr geholfen. Es gab einen Moment als ich im Krankenhaus per Foto erfuhr, dass die gesamte Truppe mit Äufwärmshirts aufläuft, die meinen Namen tragen. Das hat mich sehr beeindruckt und stolz gemacht.

Du giltst heute als geheilt – wir freuen uns alle total darüber. Es gab dann im November einen besonderen Moment beim Auswärtsspiel des TuS Ferndorf in Ratingen – wie war das?
Daran erinnere ich mich genau. Da habe ich die Mannschaft zum ersten Mal wieder live spielen sehen. Wenn der gesamte Fanblock dann noch Sprechchöre anstimmt, bei dem dein Name durch die Halle schallt, verursacht das eine Gute-Laune-Gänsehaut. Nachher gab es dementsprechend viele Umarmungen. Mit Mannschaft, Geschäftsführung, Fans. Ein sehr familiärer und glücklicher Moment für uns alle.

Wie sind die Aussichten für die kommende Zeit? So, wie wir Dich kennen, willst Du bestimmt zurück auf die Platte, oder? Geht das? Und wann?
Der Weg war und ist sehr hart. Ich hatte das Gefühl ich fange nicht bei Null an, sondern noch niedriger. Am Anfang haben 10 Minuten locker Rad fahren einen heftigen Muskelkater am Folgetag verursacht. Die Devise war dann also sich in vielen Einheiten gewissenhaft nach vorne zu tasten. Mittlerweile habe ich mit dem Mannschaftstraining begonnen, so dass ein Kurzeinsatz nicht mehr weit weg ist. Mit meinem Comeback kann es nun jedes Spiel soweit sein. Der Moment in dem meine Füße das Feld bei einem Handballspiel betreten werden, wird sich außergewöhnlich anfühlen. Alles Weitere wird dann Schritt für Schritt folgen, indem Ausdauer und Athletik gezielt aufgebaut werden.

Was würdest Du sagen hast Du aus dieser Zeit, aus der Erkrankung, der Heilung und all den Begleitumständen gelernt oder mitgenommen?
Ich bin in meiner Lebensphilosophie bestärkt worden. Herausforderungen mit Entschlossenheit und guter Laune anzugehen, ist für mich der richtige Weg. So eine Erfahrung gibt dir aber auch einen anderen Blickwinkel auf das Leben. Wenn man mal Krebs hatte, schaut man anders auf die Uhr. Ich überprüfe jetzt noch genauer, was will ich mit meiner kostbaren Zeit anfangen? Da fällt mir viel Schönes ein. Eins davon ist endlich wieder Handball zu spielen. Und das Selbstbewusstsein ist natürlich gestiegen.
Bin ich mir mal nicht ganz sicher, ob ich die bevorstehende Aufgabe meistern kann, rufe ich mir folgendes ins Gedächtnis:
David Breuer 1 : Krebs 0.

 

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