Es fühlte sich nicht nach Handball an. Der Sport, dessen Saisons in früheren Jahren von September bis April ausgetragen wurden, musste sich einem Gegner stellen, dem nicht beizukommen war – dem wunderschönen Grillwetter. Trotzdem hatten 693 Zuschauer den Weg in die Stählerwiese gefunden, die ihren Namen Hexenkessel schon allein aufgrund der vorherrschenden Temperaturen vollkommen zurecht trug.
Und es ging flott los beim Duell der beiden Zweitligisten. Jonas Wilde entschärfte in der 1.Minute einen Siebenmeter von Coburgs Rechtsaußen Florian Billek. Ein Fingerzeig für die Leistung, die Wilde im Verlauf der ersten Halbzeit aufs Parkett zauberte. Auf Seiten der Gastgeber war neben Wilde ganz klar Kreisläufer Valentino Duvancic der Mann der ersten zehn Minuten. Denn während sich beide Teams nichts schenkten und Kopf an Kopf, über 2:2 (5.) und 4:4 (9.), die ersten Minuten absolvierten, war Duvancic nicht nur zweifacher Torschütze, sondern auch zwei Mal auf der Strafbank. Dadurch war Ferndorfs Coach Ceven Klatt bereits früh in der Partie gezwungen, die Hauptlast des Verteidigens im Innenblock anders zu verteilen. Das übernahmen fortan der Kapitän, Mattis Michel, und Daniel Hideg. „Die erste Halbzeit waren wir griffig in der Abwehr und hatten eine gute Torwartleistung“, stellte TuS-Coach Ceven Klatt auch den beiden auf Halb verteidigenden Fabian Hecker und Gabriel Viana ein gutes Zeugnis aus. Doch keinem der beiden Teams gelang es, sich mal mit zwei Toren abzusetzen. Und so war auch Coburgs Coach Anel Mahmutefendic mit dem Auftritt seines Teams in der ersten Halbzeit nicht wirklich zufrieden, ergänzte aber: „Das war ein typisches erstes Saisonspiel. Wir kommen nervös aus der Vorbereitung heraus. Testspiele sind halt doch etwas ganz anderes!“ Beim 8:10 in der 20.Minute war es dann zum ersten Mal einem Team gelungen, mit mehr als einem Tor in Führung zu gehen. Die Gäste aus dem Frankenland legten dann auch noch das 8:11 nach. Doch was die Jungs vom Kindelsberg an diesem Abend ganz besonders auszeichnete, war der unermüdliche Kampfgeist. Zwei Mal Josip Eres von der Siebenmeter-Linie und der Taktgeber im Ferndorfer Spiel, Janko Kevic, mit einem Schuss aus dem Rückraum, sorgten innerhalb weniger Minuten für den Ausgleich. In der verbleibenden Spielzeit bis zum Pausentee wurde es teils vogelwild. Hüben wie drüben wurden Chancen vergeben. Und am Ende wäre wohl ein Unentschieden das gerechteste Ergebnis gewesen. Doch bereits zu diesem Zeitpunkt zeigten sich die Gelb-Schwarzen als eine Spur abgezockter. Linksaußen Felix Dettenthaler und Kreisläufer Nils Röller sorgten für den Pausenstand von 12:14.
Obwohl man zu Beginn des zweiten Durchgangs das Gefühl hatte, dass die Ferndorfer Abwehr nicht mehr so diszipliniert stand wie in Hälfte Eins, und auch das Pendel beim Torhüter-Duell mehr und mehr Richtung der Mahmutefendic-Mannen ausschlug, konnten die Michel & Co. einen Vier-Tore-Rückstand (14:18, 35.) wieder auf 18:19 (39.) verkürzen. Doch dann kam das zum Tragen, was Klatt in der anschließenden Pressekonferenz wie folgt umriss: „Ein Spiel auf diesem Niveau kann in fünf Minuten weg sein!“ Die Phase zwischen der 39. und 47.Minute nutzte der Vorjahres-Sechste der 2.HBL, um aus einem 18:19 ein 21:26 zu machen. Coburg zwang die Siegerländer immer wieder ins Zeitspiel, was Mahmutefendic folgendermaßen beschrieb: „Wir haben Ferndorf ihre Lösungen weggenommen.“ Und wahrlich – waren es in Hälfte Eins noch die Tore aus dem Rückraum, die die TuS-Jungs im Spiel hielten, so fehlten diese einfachen Tore in dieser Phase der Partie gänzlich. Und wenn Dinge nicht mehr wie geplant funktionieren, besinnt man sich auf das, was man am besten kann. Das war in der abgelaufenen Saison unter anderem das Spiel über die Kreisläufer. Doch auch das bekamen die Franken gut verteidigt. Klatt versuchte es mit einem 7:6, was allerdings durch Coburger Treffer ins verwaiste Ferndorfer Tor bestraft wurde. „Wir spielen in der zweiten Halbzeit keine gute Abwehr. Keine Stopfouls, kein gutes Verschieben – Coburg hat uns da Defizite aufgezeigt.“ Mit einem 24:28 ging es in die Crunch-Time. Doch so wirklich Spannung wollte nicht mehr aufkommen. Coburg spielte die hohe Qualität im Angriff gnadenlos aus. Und Coburgs Keeper Petros Boukovinas schwang sich endgültig zum Matchwinner auf. Nach dem 28:32 (55.) war es zwar vor allem Duvancic, der mit drei Toren nochmal einen Hauch von Spannung aufkommen ließ. Doch der etablierte Zweitligist war an diesem Samstagabend einfach einen Deut besser und siegte verdient mit 31:35.
Der Blick der TuS-Equipe geht nun ganz klar auf den 7.September. Zu ungewohnter Anwurfzeit um 18:00 Uhr empfangen die Klatt-Mannen Bayer Dormagen zum Auftaktspiel zur zweiten Handball-Bundesliga. Natürlich hätte sich niemand im Ferndorfer Lager darüber beklagt, zu einem weiteren Spiel im Pokal antreten zu dürfen. Doch der Fokus liegt ganz klar auf dem Klassenerhalt. Und um dieses Ziel zu erreichen, wird es insbesondere bei den Heimspielen auf den berühmten achten Mann ankommen. Die Fans werden die Mannschaft auch einmal zum Sieg tragen müssen. Dass wiederum die Michel & Co. ihrerseits alles in die Waagschale werfen werden was möglich ist, das ist unbestritten. Und so wird hoffentlich direkt am ersten Spieltag die Stählerwiese wieder zum Hexenkessel. Wenn es nach über zwei Jahren endlich wieder heißt: „Alle dabei in Liga Zwei !“
Tore: Josip Eres (7/4), Valentino Duvancic, Janko Kevic (je 6), Julius Fanger (5), Daniel Hideg (3), Fabian Hecker (2), Hampus Dahlgren, Paul Schikora (je 1)
Fotos: H. Burbach