„Vielleicht holt Mirza Sijaric ja noch Andreas Palicka.“ Robert Andersson, der Schwede auf Ferndorfs Trainerbank, hat seinen Humor noch nicht verloren. Auf der Pressekonferenz vor dem eminent wichtigen Heimspiel gegen den ThSV Eisenach schob er augenzwinkernd hinterher, dass er Schwedens ersten EM-Sieg nach zwanzig Jahren „ein wenig gefeiert“ habe. Aber nicht nur die Schweden haben Appetit auf Handball gemacht. Abseits der Verwirrungen um den allgegenwärtigen Virus, hat die deutsche Nationalmannschaft mitreißenden Sport geboten. Und auch die Holländer, mit TuS-Linksaußen Rutger ten Velde, haben die EM durch ihre Spielfreude bereichert. Daran gilt es anzuknüpfen, wenn Samstagabend endlich wieder Handballzeit in der Stählerwiese ist.
Wenn Andersson darauf verweist, dass bei Spielen mit Eisenacher Beteiligung immer was los ist, dann denkt er an die unterschiedlichen Spielvarianten, mit denen die Wartburgstädter immer wieder für „Trouble“ auf dem Spielfeld sorgen. Eingeimpft hat den Thüringern diese Spielweise der neue Mann auf der Kommandobrücke. Misha Kaufmann übernahm im Herbst von Markus Murfuni und legte anschließend eine tolle Serie aufs Parkett. Vier Spiele in Folge ging man nicht als Verlierer vom Feld, und konnte dabei sogar Siege in Nordhorn und gegen Hamm verzeichnen. Dreh- und Angelpunkt im Spiel der Blau-Weißen ist Fynn Hangstein. Der 21-jährige kam vor der Saison vom frischgebackenen DHB-Pokalsieger aus Lemgo. Neben Hangstein macht eine schon seit vielen Jahren gut miteinander kombinierende Kleingruppe das Eisenacher Spiel eher rechtslastig. Alexander Saul auf Halbrechts und Ante Tokic auf Rechtsaußen haben zusammen bereits neunzig Tore erzielt. Apropos Außen – schon seit vielen Jahren baut man unterhalb der Wartburg auf schnelle, gegenstoßorientierte Außenspieler. Ein Rezept, dass den Verein langfristig wieder dahin führen soll, wo man von 1997-2004 ununterbrochen war – in die Beletage des deutschen Handballs.
Im Siegerland dagegen ordnet man im Moment alles dem einen großen Ziel unter. Und das hat nichts mit der ersten Liga zu tun. Nein, die Zugehörigkeit zu Liga Zwei soll auch zur neuen Saison gesichert werden. Dies bedarf Kampf, Wille und auch einer Portion Spielglück. So traf sich die rot-weiße Equipe am 12.Januar zum Trainingsauftakt. Und auch wenn die zwei Vorbereitungsspiele, durch Corona-Fälle bei den jeweiligen Gegnern, ausfallen mussten, spricht der Coach von einer guten Zeit, in der vor allen Dingen Rückkehrer im Vordergrund standen. Josip Eres, Torgarant auf Rechtsaußen, ist zurück im Team und voll einsatzfähig. Und auch Andreas Bornemann, der Mann mit dem harten Wurf von Halbrechts, steht kurz vor seinem Comeback. Dagegen steht hinter den Einsätzen von Tim Hottgenroth und Lucas Schneider ein großes Fragezeichen. Der Anfang Januar neu in den Reigen der Verletzten aufgenommene Simon Strakeljahn arbeitet hart in der Reha und wird in zwei bis drei Wochen zurück erwartet. „Es kann dauern bis man wieder in den Spielrhythmus kommt“, mahnt Andersson, weiß aber genau „dass am besten sofort gepunktet werden muss“. Helfen soll bei diesem Unterfangen der erst Donnerstag unter Vertrag genommene österreichische Nationalspieler Christoph Neuhold. Die Verantwortlichen erhoffen sich vom 27-jährigen Rückraumhünen die lange fehlende Stabilität auf der Königsposition im linken Rückraum. Dresdens Coach Rico Göde beschreibt Neuhold folgendermaßen: „Christoph ist ein sehr explosiver Spieler, der über einen guten Wuf verfügt. Und fürs Abwehrspiel bringt er eine Menge Körperlichkeit mit.“
Samstagabend um 19 Uhr ist es also endlich vorbei mit der handballfreien Zeit in der lautesten Halle des Siegerlandes. Der Hexenkessel Stählerwiese öffnet seine Pforten. Zwar nur mit gebremsten Schaum aufgrund der Corona-Verordnung, aber nicht minder stimmungsvoll, wie der Sieg am zweiten Weihnachtsfeiertag gegen Dormagen eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat. Und das wird auch ein entscheidender Faktor im Abstiegskampf werden: Die Unterstützung von den Rängen. Oft zitiert, und doch aktuell wie eh und je. Die begeisterungsfähigen Fans des TuS Ferndorf haben schon oft ihr Scherflein zu Erfolgen beigetragen. Und so soll im Idealfall im Sommer der ganz große Schulterschluss zwischen Mannschaft und Fans in einer großen Nichtabstieg-Party gefeiert werden.
WISSENSWERTES
Gegner: ThSV Eisenach
Einwohner Eisenach: 43.000 (zum Vergleich: Ferndorf = 4.200)
Heimspielstätte: Werner-Aßmann-Halle
Trikotfarbe: blau / blau-weiß
größte Erfolge: zehn Jahre 1.Liga / Platz 30 in der ewigen Tabelle der 1. Bundesliga