Es war der 12.Oktober 2024. Die Männer aus dem handballverrücktesten Dorf des Siegerlandes hatten mit einem fulminanten 33:34 zwei Punkte aus Hamm entführt. Mit 10:2 Punkten grüßte man aus der Spitzengruppe der zweiten Liga. Doch die beiden darauffolgenden Spiele endeten mit einer 21:23 Heimniederlage gegen den TV Hüttenberg und einem 21:21 Remis in Dresden. In fünf der sechs vorausgegangenen Spielen hatten die Michel & Co. noch über dreißig Tore pro Spiel erzielt. Man konnte fast den Eindruck gewinnen, nach dem Sieg in Hamm sei den Rot-Weißen ein Stück weit die Leichtigkeit abhanden gekommen. Doch die soll nun just mit dem Rückspiel wieder Einzug halten im Ferndorfer Spiel.
Dem stellt sich allerdings eine Mannschaft entgegen, die die Saison 2024/25 bis dato mit einem einzigen Wort sehr treffend umschreiben kann – verletzungsgeplagt. Die Verantwortlichen des ASV Hamm haben in den vergangenen sechs Monaten einige graue Haare bekommen. In regelmäßigen Abständen verletzten sich wichtige Akteure mit teils monatelangen Ausfallzeiten. „Doch ausgerechnet jetzt haben sie wieder fast alle Rekonvaleszenten an Bord“, hätte TuS-Coach Ceven Klatt gerne ein bisschen früher gegen die Männer aus dem östlichen Ruhrgebiet gespielt. Und so wird auch ein Mann dabei sein, den man in der Stählerwiese bestens kennt. Mr. Steelhammer, Andreas Bornemann, ist nach kurzer Verletzungspause wieder dabei. Von der Reise mit der israelischen Nationalmannschaft in der EM-Qualifikation ist Hamms Denker und Lenker, Yonatan Dayan, wieder heimgekehrt. In vierzehn Spielen traf Dayan 61 mal und bereitete 34 Tore vor. Das wird allerdings noch getoppt vom 2,06 Meter Hünen auf der Königsposition im linken Rückraum. Julius Meyer-Siebert, seines Zeichens U19 Vize-Weltmeister von 2019 an der Seite Julian Kösters, hat bereits 88 mal genetzt und verbuchte insgesamt 48 Assists. Dabei haben die Hammer durchaus vielversprechende Spieler und Talente nachverpflichtet. Der Transfer des dänischen Keepers Viktor Warrer wurde um ein halbes Jahr vorgezogen. Dazu ließ man die guten Kontakte in die HBL spielen. Vom Tabellenführer aus Melsungen kam Florian Drosten für die Linksaußen-Position, während man für Halbrechts den talentierten Anton Preußner aus der Füchse-Reserve nach Hamm locken konnte. Vergessen werden darf bei all dem keinesfalls, dass beispielsweise Rechtsaußen Jakub Sterba zu den besten seines Fachs zählt und bereits über zwei Dutzend Länderspiele für Tschechien absolviert hat.
Dem gegenüber steht ein Ferndorfer Team, welches in den vergangenen zwei Wochen Wunden geleckt hat. Auf der einen Seite war da die Niederlage in Nettelstedt. Auf der anderen Seite zieht sich ein grippaler Infekt durch die Mannschaft. Während in der vergangenen Woche Josip Eres und Janko Kevic flach lagen, hat es aktuell gleich drei Akteure erwischt. Ob Hampus Dahlgren, Marvin Mundus und Jonas Wilde bis Samstagabend fit genug sind um Zweitliga-Handball zu spielen, wird ein Kampf gegen die Zeit. Als wäre das noch nicht Bürde genug, hat sich Malte Nolting im Training verletzt und wird wohl auch nicht zur Verfügung stehen. Doch da man bekanntlich nur mit den Bräuten tanzen kann, die auf der Hochzeit sind, wird Aufstiegscoach Ceven Klatt wohl sein Improvisationstalent unter Beweis stellen müssen: „Wir haben unser Augenmerk aufs Tempospiel gerichtet. Wir dürfen uns, gerade gegen den physisch starken Innenblock der Hammer nicht allzu oft ins gebundene Spiel zwingen lassen. Wir brauchen eine gute Abwehrleistung, um dann über Ballgewinne zu Toren aus dem Tempospiel zu kommen.“ Auch dem Trainer ist natürlich nicht entgangen, dass die in der Hinrunde so perfekt funktionierende Kleingruppe Rückraum/Kreis in den letzten Spielen nicht mehr so gezündet hat. Doch da alle Rückraumspieler die notwendige Spielintelligenz mitbringen ist das ein Thema, welches sich die Jungs vom Kindelsberg in den vergangenen zwei Wochen erarbeitet haben. Der am vergangenen Mittwoch 30 Jahre alt gewordene Eres, der jüngst sein Arbeitspapier um ein weiteres Jahr verlängert hatte, hat inzwischen wieder die Führung in der teaminternen Torschützenliste übernommen. Dicht gefolgt von Mundus und einem der besten Assistgeber der Liga, Kevic.
Man kennt es aus anderen Sportarten – Tabellenrechner, mit denen man ein paar Szenarien durchspielen kann um zu sehen, wo das eigene Team am Ende landet. Das wäre in der 2.HBL völliger Nonsens, weil wirklich jeder jeden schlagen kann. Auch der Tabellenletzte aus Konstanz hat, mit der Ausnahme des Gastspiels in der Kreuztaler Stählerwiese, seine letzten vier Spiele nicht verloren. Und so werden die Michel & Co. auch vielleicht einmal da punkten, wo niemand mit ihnen rechnet. Aber vielleicht auch noch Spiele verlieren, bei denen man vorher mutmaßt, man müsse solche Spiele gewinnen, um am Ende die Klasse zu sichern. Viel zu viel Konjunktiv – es zählt das Hier und Jetzt. Und da kommt der Hexenkessel ins Spiel. Um die Heimspiele siegreich zu gestalten, und auch nächstes Jahr Teil der zweithöchsten Spielklasse im deutschen Handball zu sein, bedarf es des perfekten Zusammenspiels von Mannschaft und Fans. Die Akteure auf dem Feld müssen den Funken überspringen lassen. Aber die Fans sollten auch das Gespür dafür entwickeln, wann die Mannschaft Unterstützung braucht. Das war in der Vergangenheit immer das große Faustpfand im nördlichen Siegerland. Und so heißt es auch am Samstagabend um 19:30 Uhr wieder – alle in die Halle ; ein paar Restkarten sind noch zu ergattern. Dann wird Kreuztals beste Stube wieder zum Hexenkessel und alle sind dabei wenn es heißt: Scream for your team – mit der #familieferndorf, mit der #familietus !
WISSENSWERTES
Gegner: ASV Hamm-Westfalen
Einwohner Hamm: 180800 (zum Vergleich: Ferndorf = 3900)
Heimspielstätte: Westpress-Arena – 2650 Zuschauer Fassungsvermögen
Trikotfarbe: rot
größte Erfolge: Aufstiege in die Handball-Bundesliga 2010 + 2022