Es wird in den zwanzig Spielen, die den TuS Ferndorf bis zum Saisonende noch erwarten, das ein oder andere Mal zur Sprache kommen: Es sind in vielen Spielen Kleinigkeiten, resp. einige wenige Momente, die das Momentum zur einen oder zur anderen Seite kippen lassen. Und beim Auswärtsmatch beim daheim noch unbesiegten Bergischen HC war der TuS, wie es Coach Ceven Klatt ausdrückte „in den entscheidenden Momenten nicht cool genug“. Nun tun Niederlagen bei Spitzenteams nicht ganz so weh wie Misserfolge bei Mitstreitern im Abstiegskampf. Doch am Ende des Sonntagabendspiels im Bergischen war man nicht wirklich schlau geworden, ob man sich über einen couragierten Auftritt der TuS-Equipe freuen oder einem möglichen Punktgewinn hinterher trauern sollte.
Es begann wahrlich nicht optimal in der Wuppertaler Unihalle. Während auf Seiten der Jungs vom Kindelsberg Daniel Hideg Wurf- und Alupech hatte, war auf der anderen Seite Ex-Nationalspieler Djibril M’Bengue sofort auf Betriebstemperatur. 3:0 hieß es nach vier Minuten. Der Ferndorfer Rückraum kam nicht wirklich zum Zug gegen die tiefe, physisch gute BHC-Abwehr. Die Gastgeber spielten eben diesen Trumpf aus. Ein sehr guter Rückraum, der neben der Wurfgewalt auch mit spielerischen Elementen zu glänzen wusste, stellte die Rot-Weißen immer wieder vor große Probleme. Im TuS-Angriff sollte hingegen das erste Rückraum-Tor erst nach über zwanzig Minuten fallen. Bis dahin reüssierte man nur aus der Nahdistanz oder vom Siebenmeter-Strich, wo sich Josip Eres über die volle Distanz schadlos hielt. Vom 8:4 (12.) und 8:6 ging es auf 11:6 (15.) für die Gastgeber dahin. Es hatte in dieser Phase etwas von ICE gegen Regionalbahn. Der BHC nutzte jede Unaufmerksamkeit der Nordsiegerländer zu schnellen Gegenstößen, während die TuS-Jungs hart für Torerfolge arbeiten mussten. Der grippal leicht angeschlagene Kevic stellte sich nach einer Viertelstunde in den Dienst der Mannschaft und gab den Angriffsbemühungen mehr Struktur. Can Adanir löste Jonas Wilde ab und stellte sich gleich einmal mit einem gehaltenen Siebenmeter im Bergischen vor. Valentino Duvancic, der am Spieltag seinen 23.Geburtstag feierte, löste am Kreis den Kapitän ab. Was keine sportlichen Gründe hatte. Denn Mattis Michel, Mr. Zuverlässig beim TuS Ferndorf, benötigte auch am Sonntagabend nur sechs Versuche für seine fünf Tore – eine wieder einmal herausragende Quote. Beim 15:10 (22.) musste man allerdings das Schlimmste befürchten. Doch Kevic sorgte für einen ruhigeren Spielaufbau und hinten arbeitet der Abwehrverbund nun besser. Den Rückzug galt es schon vorher nicht zu kritisieren, aber nun kam man besser in die Helfersituationen, hatte einen guten Torhüter und auch das Spielglück war ein bisschen mehr auf Seiten der Klatt-Mannen. So gelang es Stück für Stück was vom Rückstand abzuknabbern, so dass man sich bei der Halbzeit-Sirene auf 17:15 herangearbeitet hatte.
Die ersten 200 Sekunden der zweiten Halbzeit waren aus Ferndorfer Sicht eine Katastrophe. Technische Fehler und schwache Abschlüsse reihten sich aneinander, was in einem 21:16 für die Hausherren mündete. Klatt beorderte die Seinen früh zu einer Auszeit. Erste Maßnahme war das Spiel mit vier Rückraumspielern, bei dem auch Hendrik Stock zum Einsatz kam, was seinen Trainer freute: „Stocki hat uns beim Spiel mit vier Rückraumspielern wichtige Impulse gegeben!“ Bis zum 24:19 (40.) hielten die Löwen die TuS-Equipe auf Distanz, ab da war es aber ein anderes Spiel. Julius Fangers Treffer ins verwaiste BHC-Tor zum 24:20 war der Anfang. Es folgte ein spektakulärer Fanger-Abschluss aus der eigenen Hälfte, unter die Latte, zum 24:21 (41.). Adanir hielt nun ganz wichtige Bälle und entschied auch das Torhüter-Duell gegen Christopher Rudeck ganz klar für sich. Beim 24:23 (44.) sah sich das Trainer-Duo des Gastgebers zur Auszeit gezwungen. Der Tabellenführer ging wieder auf drei Tore weg, doch die Männer aus dem handballverrückten Dorf im Siegerland hatten Blut geleckt. Fabian Hecker mit einem blitzsauberen Rechtsaußen-Tor in den langen Winkel, verkürzte wieder auf 28:26 (51.). Man war in der Crunch-Time angekommen, und die können die TuS-Jungs bekanntermaßen. Ausgerechnet der in dieser Partie gescholtene Rückraum, in Person von Hideg, Fanger und einem Kracher von Marvin Mundus, sorgte für den erstmaligen Ausgleich in der Partie – 29:29 in der 57.Minute und die Partie konnte in beide Richtungen kippen. Eine sehr undurchsichtige Szene im Anschluss an den Ausgleich, bei schneller Mitte des BHC, endet final mit einer roten Karte für Gabriel Viana, der seinen Gegenspieler gestoßen hatte. Faktisch kostete die anschließende, zweiminütige Unterzahl dem TuS-Team die Punkte. Drei Tore in 100 Sekunden sind Zeuge davon, warum der Bergische HC auf dem ersten Platz der Zweitliga-Tabelle thront. Und so mussten die Rot-Weißen am Ende eine 32:29 Niederlage quittieren.
Kein anderes Team hat die Männer aus dem Städtedreieck so gefordert wie der TuS. Kein Team war so nah an einem Punktgewinn beim Aufstiegsaspiranten. Das sollte Mut geben für die schwere Aufgabe im Südwestfalen-Derby bei der wiedererstarkten Eintracht aus Hagen. Bis dahin haben hoffentlich alle ihre Wehwehchen und grippale Angeschlagenheit auskuriert. Auch wenn bei diesem Spiel keine Trommeln vor Ort waren, haben die anwesenden TuS-Fans sechzig Minuten ihr Team unterstützt. Auf diese Unterstützung bauen die Klatt-Mannen auch am Donnerstagabend in der Ischelandhalle zu Hagen. Ein Fanbus setzt sich ab Kreuztal in Bewegung und auch viele Privat-PKW haben sich angekündigt. Wer sich kurzfristig noch dazu entscheidet, die Michel & Co. vor Ort zu unterstützen, sollte sich im Vorfeld über die Ticketverfügbarkeit informieren. Jedenfalls gilt für alle Fans am Donnerstagabend: Alle dabei in Liga Zwei!
Tore: Josip Eres (8/4), Mattis Michel (5), Julius Fanger, Daniel Hideg (je 4), Janko Kevic, Marvin Mundus, Hendrik Stock (je 2), Hampus Dahlgren, Fabian Hecker (je 1)
Fotos: M. Lehmann