Knapp 1.200 Fans tragen den TuS zum Sieg

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Kapitän Mattis Michel erzielte sieben Treffer (Foto:TuS Ferndorf)

Aufgrund der letzten Heimspiele des TuS Ferndorf im altehrwürdigen Hexenkessel Stählerwiese kann es eigentlich nicht mehr lange dauern, bis im Eingangsbereich Herztabletten vor dem Spiel an die Zuschauer verteilt werden. Denn Alfred Hitchcock hätte seine wahre Freude an den letzten drei Heimauftritten der Mannen von TuS-Coach Robert Andersson. Einer der meistgehörten Sätze nach dem Spiel war: Das machen meine Nerven nicht mehr mit! Und wahrlich wurden die Zuschauer für ihr zahlreiches Kommen reich entschädigt. Dramatik, Spannung von der ersten bis zur letzten Sekunde. Und selbst Handballtaktiker hatten am Samstagabend allerhand Anschauungsmaterial.

Drei Ex-Gummersbacher standen beim TuS Ferndorf auf der Platte als das Spiel losging. Lucas Puhl zwischen den Pfosten und Julius Fanger sowie Gabriel Viana auf dem Feld. Eben dieser Fanger sorgte mit einem No-Look-Pass auf Mattis Michel für das erste Highlight. 4:3 lautete da der Zwischenstand. Ferndorf legte vor und Gummersbach glich jeweils postwendend aus. Vier Tore – vier unterschiedliche Torschützen ; das sollte sich erst im Anschluss durch den unermüdlich am Kreis rackernden Mattis Michel ändern. Drei Mal in Folge traf der Ur-Ferndorfer, doch abschütteln lassen wollte sich die Reserve des VfL Gummersbach nicht. Was aber zum Teil auch an einer recht eigenwilligen Regelauslegung des Unparteiischen-Gespanns lag, mit deren Entscheidungen der Großteil des Publikums nicht d’accord ging. Das erste Mal den Gast auf Distanz zu bringen gelang den Rot-Weißen nach einer Viertelstunde. Beim 11:8 hatte Gäste-Coach Goncalo Miranda genug gesehen. Erste Auszeit des Portugiesen um gegenzusteuern. Was aber erst einmal misslang. Jörn Persson sorgte mit einem Kracher fast aus dem Stand für das 14:11 (25.) und es deutete sich ein klein wenig an, dass der Tabellenführer davonziehen kann. Doch einige diskutable Siebenmeterentscheidungen ließen die blau-weiß gekleideten Gäste immer wieder heran kommen. Viana fast ohne Winkel zum 16:13 (27.) und ein erneutes Anspiel zum Zungeschnalzen von Fanger auf Valentino Duvancic sorgten für das 17:14 (29.). Wermutstropfen war dann die zweite Zeitstrafe gegen Duvancic innerhalb von nur acht Minuten und der Anschlusstreffer der Gäste zum Halbzeitstand von 17:15. „Für uns geht es darum die letzten Spiele zu überleben“, drückte der schwedische Coach es etwas martialisch aus, um anschließend weiter auszuführen, „dass wir im Moment manchmal mit nur sieben oder acht Leuten trainieren“. Es bestand also die Gefahr, dass den Andersson-Mannen hinten raus die Luft ausgeht.

Bis zur Halbzeitpause hatten die Gäste zwei A-Jugendliche nachreisen lassen, die sich noch Minuten zuvor mit der A-Jugend GWD Mindens auseinander gesetzt hatten. Und einer dieser jungen Burschen sollte in Hälfte Zwei zu einem der Hauptdarsteller werden – Oskar Knudsen, 17 jähriges, norwegisches Torwarttalent! Der portugiesische Coach der VfL-Reserve stellte seine Abwehr ein weiteres Mal um und ließ diese nun noch ein Stück offensiver agieren wie in Durchgang Eins. Und die eigene Überzahl direkt nach der Halbzeitpause nutzte der Gast, um innerhalb von nur 166 Sekunden eine eigene Führung herauszuwerfen. Erst durch die, später nochmals zum Tragen kommende, Kaltschnäuzigkeit Marvin Mundus‘ von der Siebenmeter-Marke, wurde bei 18:18 (34.) wieder ausgeglichen. Doch der Tabellenvierte war nicht gewillt sich ohne Zählbares auf die Heimreise zu machen, so dass beim 20:22 (39.) und 22:24 (44.) erstmals Zwei-Tore-Rückstände für den Tabellenführer auf der Anzeigetafel standen. Den ersten Rückstand egalisierte die TuS-Equipe, nachdem Lucas Puhl zwei Mal famos gehalten hatte. Den zweiten Ausgleich zum 24:24 erzielte Fanger mit zwei Treffern über fast 40 Meter ins leere Gästetor. Der Hexenkessel Stählerwiese stand kurz vor der Eruption. Apropos Hexenkessel – was sich stimmungstechnisch in den letzten beiden Heimspielen abgespielt hat ist selbst für Ferndorfer Verhältnisse außergewöhnlich. Tolle Unterstützung seitens der Siegerländer Handballfans, die es weder zahlenmäßig noch lautstärketechnisch lange nicht mehr gegeben hat. Gegen die offensiv agierende Gummersbacher Abwehr galt es Lösungen zu kreieren. Und diesbezüglich hatte Andersson einen Plan. Mattis Michel wusste sich immer wieder in Szene zu setzen und harmonierte hervorragend mit Fanger. Eine Achse, von der in Zukunft hoffentlich noch oft gesprochen wird. Bevor es Kopf an Kopf in die Crunch-Time ging, wurde Duvancic für seine dritte Hinausstellung mit der roten Karte bestraft. Doch Crunch-Time – da war doch mal was. Richtig, denn genau das war eine Zeit lang mal Ferndorfer Domäne, der man sich im Laufe des letzten Jahres leider ein wenig entledigt hatte. 26:26, 27:27, es gelang keinem Team mehr sich abzusetzen. Auf Ferndorfer Seite war es Lucas Puhl der immer wieder ein Körperteil an den Ball brachte. Und auf der anderen Seite war es der erwähnte Knudsen, der seine Mannschaft, mit reihenweise spektakulären Paraden, im Spiel hielt. Machtlos war er allerdings gegen eine Kombination der Michel-Brüder Linus und Mattis. Das zauberhafte Anspiel seines Bruders fischte der Kapitän aus dem Kreis und verwandelte zur 28:27 Führung (55.). Die Nerven zum Zerreißen gespannt, egalisierten die Oberbergischen zum 29:29. Und statt selbst wieder vorzulegen, war es einmal mehr Knudsen, der eine Freistellung von Mattis Michel wegnahm und seinen Farben somit den Punkt, ja vielleicht sogar den Sieg ermöglichte. 56 Sekunden waren noch auf der Uhr, als Miranda seine letzte Auszeit nahm. Schuss aufs Ferndorfer Tor dreißig Sekunden vor dem Ende. Doch der Zerberus Puhl, der das Handballspiel bei eben jenem VfL gelernt hat, hält den Schuss und gibt damit den Seinen alle Siegchancen an die Hand. Auszeit Andersson und Instruktionen für den vermeintlich letzten Angriff des Spiels. Der andere Ex-Vfl-er Fanger sollte es richten. Doch bei einem letzten Durchbruch durch die Gäste-Abwehr wurde er von der Seite angegangen, so dass sein Fehlwurf in einem Siebenmeter endete. Marvin Mundus, zuvor schon drei Mal nervenstark, war es vorbehalten für die Entscheidung zu sorgen. Und der gebürtige Lengericher blieb kalt wie eine Hundeschnauze. Siegtor – mitnichten, denn fünf Sekunden waren noch auf der Uhr. Doch der letzte Schuss der Blau-Weißen war leichte Beute für Puhl. Was folgte war kollektive Erlösung in den Farben Rot und Weiß. Der Verletztenmisere zum Trotz wurde ein direkter Verfolger geschlagen.

Große Aktien an diesem Sieg hat auch die Halle. „Wir hatten heute eine super Unterstützung, einfach eine tolle Stimmung“, war auch der sonst so besonnene Schwede voll des Lobes über den Support, den die Halle der Mannschaft gegeben hat. Am Ende wurde die anvisierte Marke von 1100 Zuschauern auch tatsächlich geknackt. 1162 Zuschauer bedeuten Saisonrekord. Und ein Jeder der gestern vor Ort war dürfte Spaß daran gefunden haben, die Kämpfer in den rot-weißen Trikots auch am 10.Dezember im letzten Heimspiel des Jahres zu unterstützen. Doch nun geht es für die Mannen vom Kindelsberg erst einmal auf Reisen. Zum Hinrundenausklang nächsten Samstag nach Saarlouis und am 3.Dezember zum Rückrundenauftakt nach Mundenheim.

Tore: Mattis Michel (7), Marvin Mundus (7/4), Julius Fanger (6), Fabian Hecker, Jörn Persson (je 4), Gabriel Viana, Valentino Duvancic (je 1)


Fotos: H.Burbach und TuS Ferndorf

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