Ein Handballtag in der Stählerwiese lebt auch von seinen Abläufen. Das ist sowohl bei den Spielern, den Verantwortlichen, den vielen Helfern und auch den Zuschauern der Fall. Beginnt es am frühen Morgen schon mit dem Herrichten der Halle, geht es weiter mit dem Eintreffen der Zuschauer und der kulinarischen Versorgung selbiger. Aufwärmprogramm der Spieler und der in allen Handballhallen zelebrierte Einlauf der Heimmannschaft. Dazu kommt bei Spielen des TuS Ferndorf immer noch eine deutschlandweite Besonderheit zum Tragen. War es früher nur der TuS-Bus, der den Spielball in die Halle brachte, gibt es seit dieser Saison auch den Gabelstapler „Forki“, der den Spielball in die Halle transportiert. Das brachte auch die Gastmannschaft des TV Homburg durchgängig zum Schmunzeln. Doch eine Änderung im Ablauf gab es am gestrigen Abend. Nach dem Eintreffen beider Teams betrat Jonas Faulenbach die Bühne. Vom Publikum frenetisch gefeiert, bekam der langjährige TuS-Kapitän einen würdigen Abschied, den er aufgrund der Lautstärke im Hexenkessel sicherlich niemals vergessen wird.
Apropos Lautstärke – 1064 Zuschauer waren es am Ende. Nicht die ausverkaufte Halle, wie sie sich Ferndorfs Chefcoach Ceven Klatt für sein Team gewünscht hatte, aber wieder einmal deutlich über der Tausender-Marke. Und die Zuschauer mussten ihr Kommen nicht bereuen. Denn die Michel & Co. zeigten sich von Beginn an hellwach. „Marschrichtung war ganz klar, dass wir die Hinrunde souverän beenden. Das kleine Quäntchen Unkonzentriertheit wollten wir gar nicht erst zulassen“, hatte Klatt bereits vor dem Spiel seine Mannen in die Pflicht genommen. Und es ging gut los. Mit viel Tempo im Aufbauspiel und konzentriertem Abschluss, ging man schnell mit 2:0 in Führung. Dass man sich bis zum 4:4 (9.) allerdings nicht absetzen konnte, lag an einem überragenden Spieler der Gäste. Yves Kunkel, ehemaliger Nationalspieler und mit 29 Jahren noch im besten Handballalter, war über sechzig Minuten der Dreh- und Angelpunkt des Homburger Spiels. Was sich dann allerdings in den darauffolgenden siebzehn Minuten in der altehrwürdigen Stählerwiese abspielte, hatte man in Kreuztal so noch nicht gesehen. Homburg hatte sich als Stilmittel den siebten Feldspieler ausgedacht. Sicherlich in erster Linie, um die TuS-Abwehr auf sechs Meter zu beschäftigen, aber auch, um den Spielfluss nachhaltig zu stören und so wenig wie möglich in die erste und zweite Welle der Siegerländer Handballer zu laufen. Das gelang den Mannen von TVH-Coach Steffen Ecker allerdings nicht wirklich so, wie dieser sich das vorgestellt hatte. Josip Eres, Daniel Hideg und sogar Jonas Wilde – zwischen der 9. und 26.Spielminute gelangen den Mannen vom Kindelsberg sage und schreibe sieben Würfe aus der eigenen Hälfte ins verwaiste Homburger Tor. Selbst zwei Auszeiten auf Homburger Seite brachten keine Veränderung des Spielstils. Über 6:11 (18.) und 8:13 (23.) pendelte sich der Vorsprung des Tabellenführers bei fünf Toren ein. Selbst ein verworfener Siebenmeter Eres‘, im Übrigen eine Seltenheit in dieser Saison, brachte die Rot-Weißen nicht aus dem Tritt. Bis zur Halbzeit wurde der Vorsprung auf 16:10 ausgebaut.
Nach dem Pausentee hatte man kurz das Gefühl, die Homburger würden näher kommen. Der eingangs erwähnte Kunkel, der für Spieleröffnung, Assists und Tore zuständig war, führte seine Mannen bis auf 17:13 (38.) heran. Doch dann kamen zwei Faktoren ins Spiel, die für den Tabellenletzten aus dem Saarland den sportlichen Genickbruch brachten. Zum einen kam nun Jonas Wilde immer mehr ins Spiel. Was aber noch schwerer wog, war die „Reeperbahn-Bande“ des TuS. Die beiden Kreisläufer mit Gardemaß, Valentino Duvancic und Nikita Pliuto, die jedem Türsteher auf der Hamburger Reeperbahn zur Ehre gereichen würden, machten fortan die Tür beim TuS Ferndorf – und ließen Niemanden mehr herein. Obendrein zogen die TuS-Jungs nun nochmals das Tempo an. Wenn es in dieser Phase Jemanden gab, der den Spitzenreiter stoppen konnte, dann waren es nur die Schiedsrichter, die am Samstagabend nicht alle Entscheidungen zur Nachvollziehbarkeit des Publikums trafen. Gabriel Viana war zum 22:14 (45.) erfolgreich, als Eres einen Kopftreffer des Homburgers Robin Egelhof quittieren musste. Eres, der sonst so besonnene Rechtsaußen des TuS, musste daraufhin von mehreren Mitspielern vor einer Tätlichkeit bewahrt werden. Spätestens beim 25:15 in der 50.Minute war dann die Messe gelesen. Klatt gewährte nach und nach all seinen Spielern Einsatzzeit: „Mir war es heute wichtig, dass jeder Spieler mit einem guten Gefühl, und dem Wissen Teil dieser erfolgreichen Gemeinschaft zu sein, aus der Halle geht.“ Dass der ein oder andere Versuch, aus der eigenen Hälfte mit einem Wurf ins verwaiste Homburger Tor zu treffen, nicht gelang, und noch dazu der ein oder andere Griff in die Trickkiste fehl schlug, machte sich am Ende nur an der Höhe des Sieges bemerkbar. So gelang den Saarländern noch eine erhebliche Verbesserung auf dem Ergebnistableau. 27:21 lautete der Endstand und somit wanderten zwei weitere Pluspunkte auf das Konto der Michel & Co..
Das Schlusswort gebührt dem Erfolgscoach: „Wir haben alle Ziele erreicht. Beste Abwehr der Liga und Erster in Heim- und Auswärtstabelle.“ Und so hat Klatt zwar den nötigen Respekt, aber keine Angst vor dem Gipfeltreffen am 20. Januar 2024. Dann geht es zum aktuellen Tabellendritten nach Saarlouis. Und die haben zuletzt im Oktober verloren und seitdem in jedem Spiel mindestens 33 Treffer erzielt. Eine echter Lackmustest für den TuS Ferndorf, dessen Vorbereitung auf die Rückrunde am 5. Januar beginnt.
Tore: Josip Eres (7/2), Marvin Mundus (6), Daniel Hideg (4), Marko Karaula, Gabriel Viana, Jonas Wilde (je 2), Fabian Hecker, Janko Kevic, Mattis Michel, Nikita Pliuto (je 1)
Fotos H.Burbach und RGR