Die zweite Liga schaut nach Ostwestfalen

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Dass der große VfL Gummersbach mal in einem Saison-Endspurt dem TuS Ferndorf die Daumen drückt, hätten selbst die größten Optimisten unter dem Kindelsberg bis vor einigen Jahren nicht für möglich gehalten. Doch am Samstagabend ab 18 Uhr ticken die Uhren anders. Während die Gummersbacher erst einmal ihre Hausaufgaben machen, und sich im Duell der Altmeister beim TV Großwallstadt durchsetzen müssen, geht im Erfolgsfalle sofort der Blick in den Kreis Minden-Lübbecke. Dort spielt zeitgleich der aktuelle Tabellenzweite aus dem 3000 Einwohner-Örtchen Nettelstedt gegen den TuS Ferndorf. Während man am Fuße des Wiehengebirges bereits mit einem Bein in der ersten Handball-Bundesliga steht, kann der TuS Ferndorf nach dem Erreichen des Klassenerhaltes vollkommen befreit aufspielen und zum Party-Crasher avancieren.

Druck haben ganz klar die Männer von N.-Lübbeckes Coach Emir Kurtagic. Den ersten Matchball zum Aufstieg haben die Rot-Schwarzen vergangenes Wochenende in Rimpar vergeben. Nun wollen die Ostwestfalen den zweiten Matchball vor eigenem Publikum verwandeln. 774 Zuschauer sind zugelassen, und die Tickets waren innerhalb nur weniger Minuten vergriffen. Im handballverrückten N.-Lübbecke wollen sie Alle dabei sein, wenn die Rückkehr unter die besten 18 Mannschaften Deutschlands perfekt gemacht wird. Qualität im Kader haben sie dafür. Auf allen Positionen tummeln sich äußerst erfahrene Spieler, die unter Kurtagic zu einem disziplinierten Kollektiv zusammengewachsen sind. Viele torgefährliche Rückraumspieler wie Dominik Ebner und Valentin Spohn, gepaart mit extrem gegenstoßorientierten Außen. Und mit Aljosa Rezar haben sie einen Meister seines Fachs zwischen den Pfosten. Nicht zu vergessen der wieder in Schwung gekommene, 2,06 mtr. große Rückraum-Kanonier Florian Baumgärtner. Der hat in Ferndorf von 2015-2017 seine Spuren hinterlassen und trifft auf ein paar seiner alten Kameraden.


Da es für die Mannen von Coach Robert Andersson um nichts als die Ehre geht, werden sich die Rot-Weißen ohne jeglichen Druck auf die Reise machen. Nur allzu gerne würde man die, sicherlich überbordende, Stimmung schnell kippen lassen. Nachdem aus den fünf Heimspielen am Stück nur zwei Punkte auf dem Habenkonto verbucht werden konnten, ist man in Ostwestfalen noch auf was Zählbares aus. Zudem werden die beiden Keeper, Marin Durica und Tim Hottgenroth, sicherlich versuchen, ihre an sich schon gute Saisonquote noch über die 30% Marke zu drücken. Im Hinspiel war es Andreas Bornemann und Julian Schneider zu verdanken, dass man dem Favoriten bis zwanzig Minuten vor Schluss Paroli bieten konnte. Ein Fingerzeig, dass der schwedische Altinternationale an der Ferndorfer Seitenlinie den richtigen Matchplan ausgelegt hatte. Und vielleicht haben die Faulenbach & Co. ja dieses Mal einen längeren Atem. 

Egal wie das Spiel ausgeht, es wird keinen großen Einfluss mehr auf die Tabellensituation des TuS Ferndorf nehmen. Eine Spielzeit, in der das Team um den Jahreswechsel wie ein Absteiger aussah – sich dass mit einer erneuten Corona-Auszeit im März sogar noch verschärfte, geht nun dem Ende entgegen. Der Mannschaft und dem Team um das Team kann nicht genügend Respekt gezollt werden. Nur wenige Experten hatten Anfang April einen Klassenerhalt des TuS Ferndorf auf dem Schirm. Somit haben sich alle Spieler einen Platz in den Ferndorfer Geschichtsbüchern verdient. Denn diese Spielzeit hat alle Skurilitäten für die nächsten Jahre aufgebraucht. Somit geht für den Samstagabend ein letztes Mal der Gruß an die Siegerländer Handballfans, der uns dieses Jahr durch die Pandemie und den Stream von Sportdeutschland.tv getragen hat: Scream for our team !


WISSENSWERTES
Gegner:   TuS N.-Lübbecke
Einwohner Nettelstedt:   2.800 (zum Vergleich: Ferndorf = 4.200)
Trikotfarbe:   rot-schwarz
größte Erfolge:   DHB-Pokalsieger 1981, Europapokalsieger d. Pokalsieger 1981

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