Ferndorfs Coach Ceven Klatt war nicht müde geworden, seine Spieler immer wieder für die zuletzt couragierten Auswärtsauftritte zu loben. Dass sich seine Jungs irgendwann belohnen werden, hatte er der Journalie gebetsmühlenartig in die Notizblöcke diktiert. Und am Gründonnerstag, bei dem so immens wichtigen Auswärtsspiel beim Mit-Abstiegskandidaten Eulen Ludwigshafen, haben sich die Michel & Co. für ihre Beharrlichkeit belohnt. Drangeblieben sind sie in den letzten Wochen. In der Stählerwiese sind sie in 2025 sogar unbesiegt. Nun hat es endlich auch auswärts wieder geklappt. 126 Tage des Wartens sind vorbei. Der erste Auswärtssieg 2025, der erste Auswärtssieg seit dem Derbyerfolg in Hagen am 12.12.2024, ist unter Dach und Fach.
Zu Beginn der Partie war das Erstaunen in Ludwigshafen groß. Rund fünfzig Auswärtsfans hatte man in der Friedrich-Ebert-Halle in dieser Saison noch nicht begrüßen dürfen. Die Fans des TuS Ferndorf zeigten wieder einmal, welche Bereicherung sie für die zweite Handball-Bundesliga sind. Die Partie startete dann sehr fehlerbehaftet auf beiden Seiten. Bei der TuS-Equipe dauerte es zweieinhalb Minuten bis zum ersten Tor durch Gabriel Viana. Auf Seiten der Eulen dauerte es gar fünf Zeigerumdrehungen bis zum ersten Torerfolg. Bis dahin konnte sich Jonas Wilde bereits mit einer Doppelparade auszeichnen. In der 8.Minute kassierte Ferndorfs Innenblocker Valentino Duvancic seine erste Zwei- Minuten-Strafe und die Nummer Sechs der Gastgeber, Tim Schaller, durfte zum dritten Mal an die Linie. Einmal an der Latte gescheitert, den zweiten nahe am Kopf Wildes vorbei geworfen, war diesmal Wildes Kopf bei der Parade mit involviert. Eine Strafe für den Schützen zog das nicht nach sich. Bei den Angriffen der Siegerländer war es einmal mehr der Denker und Lenker, Janko Kevic, der nicht nur in puncto Spielsteuerung, sondern auch als Torschütze voranging. Beim 4:6 (12.) waren die Klatt-Schützlinge zum ersten Mal auf zwei Tore enteilt. Doch die Gastgeber ließen sich nicht abschütteln. Trotz Alu-Pech kamen sie immer wieder auf ein Tor heran. So ging das bis zur 23.Minute und dem Stand von 9:10. Dann kassierte Duvancic seine zweite Zeitstrafe, was gleichbedeutend mit einer Umstellung im Abwehrverbund war, da Duvancic nun kürzer treten sollte, um ihn vor der dritten Hinausstellung zu bewahren. Großer Pechvogel in dieser Phase war Linksaußen Viana, der in einer Abwehraktion den Dienst, mit Platzwunde unter dem Auge, quittieren musste. Klatt nahm in der 25.Minute eine Auszeit, um sein Team neu zu ordnen. Den Innenblock übernahmen fortan Daniel Hideg und Malte Nolting. Fabian Hecker und Mattis Michel deckten auf den Halbpositionen. Und auf Linksaußen übernahm Hampus Dahlgren. Und für zwei dieser Spieler hielt Klatt nach dem Spiel noch ein Extra-Lob parat: „Fabian Hecker spielt hinten wie vorne eine gute Partie. Und Daniel Hideg setzt ganz wichtige Akzente!“ Doch erst einmal galt es, beim 11:10 in der 26.Minute, die erste Führung der Ludwigshafener zu verdauen. „Dann kommt eine ganz wichtige Phase vor der Halbzeit, wo wir das Momentum auf unsere Seite ziehen“ – Ferndorfs Coach spricht den Moment an, als seine Jungs den erstmaligen Rückstand in eine eigene 11:14 Führung drehen. Die neue Abwehrformation funktionierte formidabel und im Angriff fand man Lösungen von allen Positionen. Hecker tankte sich kurz vor der Halbzeit durch, zog eine Zeitstrafe und traf zum 12:15 Halbzeitstand.
„Ferndorf“-Sprechchöre waren zu Beginn von Halbzeit Zwei deutlich vernehmbar. Und die Michel & Co. schienen beflügelt von der Unterstützung der lautstarken TuS-Fans. Josip Eres, der ein tolles Spiel auf Rechtsaußen ablieferte, sorgte beim 12:16 für die erste Vier-Tore-Führung der Mannen vom Kindelsberg. Beim 13:18 schienen die TuS-Jungs Richtung Siegerstraße abzubiegen, doch eine Zeitstrafe gegen Nolting brachte das so gut funktionierende Abwehrkonstrukt ins Wanken. Beim 17:19 in der 41.Minute waren die Eulen wieder in Schlagdistanz. Klatt war dann vor allen Dingen von der mentalen Stärke seiner Jungs beeindruckt: „In ein, zwei Phasen kommt dann auch die Halle nochmal. Aber die Jungs haben dem Druck standgehalten.“ Als Ludwigshafens zuletzt so famos haltender Kepper Mats Gruppe einen Ball aufs leere Tore noch mit letzter Kraft beim Hineinlaufen parierte, schwante dem ein oder anderen TuS-Fan Böses. Doch Hideg mit zwei wichtigen Toren und Kevic mit einem Siebenmeter, den er im Nachwurf verwandelte, sorgten beim 20:23 wieder für einen Drei-Tore- Vorsprung. Eine Auszeit der Heimmannschaft sorgte dann für Verwirrung bei den mithörenden Zuschauern. Ein „zeigt’s den Schiedsrichtern“ war deutlich vernehmbar. Eine mehr als unglückliche Aussage, denn die Schiedsrichter waren vielleicht nicht immer hundertprozentig nachvollziehbar in ihren Entscheidungen, benachteiligten dabei aber keines der beiden Teams. Doch die Wut im Bauch trieb die Ludwigshafener an. Beim 22:23 zehn Minuten vor Schluss war die Partie wieder komplett offen. Genau in dieser Phase waren es dann zwei Dinge, die dem TuS in die Karten spielten. Zum einen kam der Abwehrverbund, hinter dem nun Can Adanir das Tor hütete, wieder viel besser in die Helfersituationen und zum anderen war da der kleine Schwede auf Linksaußen. „Eine ganz wichtige Phase, als Hampus den Eulen zwei Bälle klaut“ – Klatt spricht von der 53.Minute, als Dahlgren zwei Mal Pässe abfing und ins verwaiste Ludwigshafener Tor traf. Aus einem 23:24 (52.) war binnen sechzig Sekunden ein 23:27 geworden. Adanir hatte nur eine Parade, aber das war eine ganz wichtige. Denn im Anschluss stellte Eres auf 23:28 und es roch stark nach einem Auswärtssieg. Beim 25:28 (56.) war die Tür nochmal kurz auf. Doch der sich wieder im Spiel befindliche Duvancic stellte seine unnachahmlichen Block-Qualitäten unter Beweis und vorne sorgten Eres, Kevic und der spät ins Spiel gekommene Hendrik Stock für die Entscheidung. 26:31 war der Endstand in einer Partie, in der der TuS Ferndorf, bis auf den einen Moment in der 26.Minute, immer in Führung lag.
Nun dürfen die Spieler über die Osterfeiertage Luft holen, um sich für die anstehenden Aufgaben zu präparieren. Die HSG Nordhorn-Lingen ist am ungewohnten Montagabend, 28.April Gegner der TuS-Equipe. Um 19:30 Uhr empfängt der TuS Ferndorf dann den Tabellennachbarn, der inzwischen auch mit dabei ist in der Riege derer, die um den Verbleib in Liga Zwei kämpfen. Und damit die Männer aus dem handballverrücktesten Dorf des Siegerlandes einen weiteren großen Schritt in Richtung Ligaverbleib machen können, bedarf es wieder einmal der tollen Unterstützung im Hexenkessel. Es gibt nur noch wenige Sitzplatztickets, aber reichlich Stehplatz-Billets. Aufruf an alle Handballfans rund um den TuS Ferndorf – kommt am 28.April in die Halle, damit es wieder heißt: Alle dabei für den Klassenerhalt in Liga Zwei!
Tore: Josip Eres (8/1), Daniel Hideg (6), Janko Kevic (5), Hampus Dahlgren (4), Fabian Hecker (3), Mattis Michel (2), Marvin Mundus, Hendrik Stock, Gabriel Viana (je 1)
Fotos: T.Adanir und 2.HBL/Eulen Ludwigshafen/Harry Reis