Ferndorfs Coach Ceven Klatt ist gedanklich zur Zeit häufiger beim Jahresbeginn 2024. Da hatte das Verletzungspech nämlich mit einer ähnlichen Vehemenz zugeschlagen wie aktuell. Unvergessen der Auftritt bei den Bergischen Panthern, als man mit zwölf Spielern auf dem Spielberichtsbogen agierte. Zwei davon waren Spieler aus der zweiten Mannschaft, und ein Daniel Hideg spielte auf der halbrechten Angriffsposition. Am Ende stand, den Ausfällen zum Trotz, ein Auswärtssieg zu Buche. Man war enger zusammengerückt und konnte sich der Unterstützung von außen sicher sein. Ähnlich wird es heuer im Mai 2025 sein. „Wir liefern einen guten Auftritt gegen den Meister und geben nie auf. Maximal ärgerlich in diesem Spiel sind die Verletzungen“, blickt Klatt mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf die starke Leistung gegen den BHC zurück. Doch gleichzeitig gibt er zu Protokoll, dass er und seine Jungs in solchen Situationen “immer nochmal ein Stück weit enger zusammengerückt“ sind. Und dann ist da ja auch noch der Faktor Heimspiel. Der Hexenkessel Stählerwiese wird, insbesondere im Derby, seine ganze Wucht entfalten müssen, um die Rot-Weißen durch schwere Spielsituationen zu tragen und um die nötige Rückendeckung zu liefern.
Denn der Gegner hat es in sich. „Wenn sie das abrufen was sie können, wird es für jedes Team in der Liga schwer sie zu schlagen“ – Klatts Worte zu Eintracht Hagen beschreiben die Schwere der Aufgabe ganz gut. Auf fast jeder Position im Team haben die Männer aus der Fernuniversitäts-Stadt Ausnahmekönner auf dem Feld. Angefangen beim 41-fachen Ex-Nationalspieler Niclas Pieczkowski, der die Abwehr organisiert und zuletzt auch wieder vermehrt als Torschütze in Erscheinung trat. Dabei ist im Angriff der bundesligaerfahrene Max Oehler eigentlich Taktgeber bei den Grün-Gelben. Dieser sorgt für Breite und Tiefe im Angriffsspiel. Und das kommt seinen beiden Nebenmännern zugute. Pouya Norouzi Nezhad, den viele aus diversen Stationen in der Bundesliga kennen, auf Halblinks. Vor allen Dingen aber der Toptorschütze der Hagener, Jan von Boenigk, auf Halbrechts. 316 Feldtore zeugen von der Torgefährlichkeit dieser beiden Halbspieler. Und während am Kreis der Innenblocker Tilman Pröhl reüssiert, können sich die Hagener in der Regel auf ihre Außenspieler verlassen. Rechtsaußen Pierre Busch verfügt über ein großartiges Wurfrepertoire. Und auf der Gegenseite gibt es den erst 20-jährigen Benedikt Israel, der seine handballerische Ausbildung in Gummersbach genossen hat. Und seit zwei Spielen ist auch Hakon Styrmisson wieder mit von der Partie. Der 16-fache isländische Nationalspieler war lange verletzt und bekommt langsam wieder Anschluss. Klatt imponierte die Intensität, die die Hagener bei ihrem letzten Spiel auf die Platte bekommen haben: „Seit dem Trainerwechsel deckt Hagen in verschiedenen Systemen. Das macht sie stark. Ich erwarte einen heißen Tanz, ein kampfbetontes Spiel und hitziges Derby in dem es richtig zur Sache geht!“
Vor den Erfolg haben die Götter bekanntlich den Schweiß gesetzt. Doch die Trainingsarbeit in der Woche vor dem Derby lässt sich auch unter dem Begriff Betriebsstörung zusammenfassen. „Durch die hinzugekommenen Ausfälle waren, inklusive der Torhüter, zeitweise nur zehn Spieler im Training. Das hat das Erarbeiten von spieltaktischen Dingen nahezu unmöglich gemacht“ – Klatt spricht die Verletzungen aus dem BHC-Spiel an. Fabian Hecker hat sich die Elle gebrochen und Mattis Michel musste, nach seinem tiefen Cut über dem Auge, mit fünf Stichen genäht werden. Doch der Trainer der Rot-Weißen gibt sich kämpferisch: „Wir werden bei Mattis, wie bei allen anderen auch, dem Rat der Ärzte folgen und kein Risiko eingehen. Allen Widrigkeiten zum Trotz werden wir eine spielfähige Mannschaft auf dem Feld haben. Uns Lösungen erarbeiten und den Hagenern Aufgaben stellen!“ Sechs Ausfälle sind zu verkraften. Da liegt die Hauptlast auf den Schultern derer, die sich zum Beispiel im Hinspiel in den Vordergrund gespielt haben. Julius Fanger und Jonas Wilde hatten jeweils einen herausragenden Tag erwischt und spielten groß auf. Fanger mit sieben Toren aus sieben Versuchen. Und Wilde mit sensationell anmutenden 44% gehaltener Bälle. Viel Last liegt auch auf den Schultern der Erfahrenen im Team. Janko Kevic beispielsweise, der aus seiner langen Karriere solche Situationen kennt. Oder aber Daniel Hideg, der bereits beim eingangs erwähnten Spiel bei den Bergischen Panthern zu den Haupt-Protagonisten zählte. Josip Eres wird wahrscheinlich der einzige spielfähige Linkshänder im Team sein. Sollte er Entlastung benötigen, wird wohl einer der beiden Linksaußen positionsfremd helfen müssen.
In Kreuztals bester Stube wabert sicher nicht der Duft der großen weiten Handballwelt. Aber es riecht nach Klassenerhalt. Das Team, welches am Freitagabend gegen 21:40 Uhr das Spielfeld siegreich verlässt, hat den Klassenerhalt in der Tasche. Und so benötigt keiner der 1400 anwesenden Fans eine Sondermotivation zum Support des eigenen Teams. Es wird eine knisternde Spannung in der Luft liegen. 1400 Fans deshalb, weil bereits im Vorverkauf fast alle Tickets abgesetzt wurden. Es gibt noch einige Stehplätze, die aber hoffentlich bis zum Spielbeginn noch unter die Leute gebracht werden. Allen Handballinteressierten, die auch in der kommenden Saison Zweitliga-Handball in der Stählerwiese sehen wollen, sei folgender Satz ans Herz gelegt: Scream for your team – mit der #familieferndorf, mit der #familietus !
WISSENSWERTES
Gegner: VfL Eintracht Hagen
Einwohner Hagen: 190.500 (zum Vergleich: Ferndorf = 3.900)
Heimspielstätte: Ischelandhalle – Krollmann-Arena
Trikotfarbe: grün-gelb
größte Erfolge: vier Aufstiege in die 2.HBL,
Sieger der Staffel Mitte 2.HBL 1992