Es wurde gezittert, es wurde gehofft und am Ende hat es nicht geholfen. Vier Jahre war der TuS Ferndorf nun Zweitligist. Jetzt geht es wieder runter in Liga Drei. 22:16 Punkte haben in der Rückrunde nicht ausgereicht. Ein Punkteschnitt, über die ganze Saison gesehen, mit dem man normalerweise im oberen Tabellenmittelfeld landet. Und damit weiß man auch, dass der Abstieg nicht in der Rückrunde besiegelt wurde. Nein, die Hypothek aus der Hinrunde war zu groß. Fünf Spiele gingen da mit einem Tor verloren. Hätte man in einem dieser Spiele, ……. – doch alles nachkarten hilft nicht weiter, denn der Blick muss nach vorne gerichtet werden.
1.581 Zuschauer im schönen TSV Bayer Sportcenter sorgten für einen stimmungsvollen Rahmen beim letzten Saisonspiel 2021/22. Knapp 400 Zuschauer hatten sich auf den Weg von Ferndorf an den Rhein gemacht. Ausgestattet mit roten Trikots und/oder Oberteilen sorgte die Gästekurve schon vor Spielbeginn für einen optischen Knalleffekt. Los ging die wilde Fahrt des TuS Ferndorf mit zwei Auftakttreffern des scheidenden niederländischen Nationalspielers Rutger ten Velde. Diesem war seine Motivation bis in die Haarspitzen anzumerken. Es konnte am Ende auch die Höhe des Sieges ausschlaggebend sein. Um diesem Folge zu leisten, gingen die Andersson-Schützlinge ein hohes Tempo. Im Angriff pushten sich die Spieler nach Torerfolgen und nahmen so auch die Fankurve mit, die, um es vorweg zu nehmen, über die volle Distanz das Team fantastisch unterstützte. Erst beim 4:3 konnte Dormagen das erste Mal die Führung erobern. Das sollte auch bis zum 7:6 (12.) so bleiben. Der Gastgeber kam zu leicht zu Torerfolgen, während sich die TuS-Jungs jedes Tor hart erarbeiten mussten. Anschließend war Mattis Michel zwei Mal für seine Farben erfolgreich und stellte den Spielstand eine Minute später auf 7:8. Das sollte allerdings die letzte Führung der TuS-Equipe in Halbzeit Eins gewesen sein. Die blau-weiß gekleideten Mittelrheiner legten nun ihrerseits immer ein Tor vor. Doch ten Velde und seine Teamkameraden hatten immer die passende Antwort im Köcher. Bis zur Halbzeit gelang es nicht, sich entscheidend abzusetzen und etwas für das Torverhältnis zu tun. Was auch zu diesem Zeitpunkt gar nicht nötig gewesen wäre. Denn bei der Parallel-Partie in Großwallstadt spielte Bietigheim gut auf und lag bis zur Halbzeit immer in Führung. Duplizität der Ereignisse – beide Partien gingen mit einem Unentschieden in die Halbzeitpause. In Dormagen stand es 16:16, in Großwallstadt 13:13.
In die zweite Halbzeit startete man mit Paraden auf beiden Seiten. Im Ferndorfer Tor hatte es bereits in der 20.Minute einen Wechsel gegeben. Lucas Puhl war von seiner Abwehr allzu oft im Stich gelassen worden und hatte Platz gemacht für Tim Hottgenroth. Der führte sich nicht nur gegen Ende der ersten Halbzeit mit einigen tollen Paraden und drei gehaltenen Siebenmetern ein, sondern machte genau da auch zu Beginn von Halbzeit Zwei weiter. Das verlieh seinen Teamkameraden anscheinend Flügel. Denn angetrieben vom Zwischenstand im Parallel-Spiel versuchte man nun ordentlich aufs Gaspedal zu drücken. Josip Eres, Andreas Bornemann, Niklas Diebel und Julian Schneider sorgten beim 20:22 (38.) für die erste Zwei-Tore-Führung des TuS. Als dann der Vorsprung in der 41.Minute auf 21:25 angewachsen war, spürte man allenthalben die Hoffnung, es unter Umständen auch über das Torverhältnis entscheiden zu können. Doch da spielten die Dormagener nicht mit. Zum einen parierte nun Christian-Ole Simonsen im Bayer-Tor nicht nur ein paar Bälle, sondern trat auch noch als Torschütze, ins verwaiste Ferndorfer Tor, in Erscheinung. Und es war die Viertelstunde des Mislav Grgic. Sieben Tore aus sieben Versuchen nagelte der Kroate in den Ferndorfer Kasten, in dem auch Hottgenroth nichts gegen die Dormagener Durchbrüche ausrichten konnte. So pendelte sich der Ferndorfer Vorsprung bei zwei, drei Toren ein und die Hoffnung schwand, es über das Torverhältnis zu richten. Somit war man auf die Schützenhilfe Bietigheims angewiesen. Da das Spiel dort aber einen schnelleren Verlauf nahm, war schon zu Beginn der Crunch-Time klar, dass nur noch ein riesengroßes Wunder den TuS Ferndorf vor dem Sturz in die Drittklassigkeit bewahren konnte. 27:21 war der Zwischenstand aus Unterfranken, und somit war der Ausgang der Begegnung in Dormagen schon fast Makulatur. Es gelang den Schneider & Co. zwar, den knappen Vorsprung über die Zeit zu retten. Doch alles in allem fällt dieser doppelte Punktgewinn in die Kategorie Phyrrussieg. 37:40 zeigte die Anzeigetafel nach schweißtreibenden, aufregenden sechzig Minuten. Was allerdings nach dem Spiel passierte, ist ein Zeichen des Schulterschlusses zwischen Mannschaft und Fans. Nachdem das Team für den aufopferungsvollen Kampf und die tolle Rückrunde gefeiert wurde, kam ein Großteil der Mannschaft in die Fankurve, um sich bei den Fans persönlich für die tolle Unterstützung zu bedanken. Sicherlich wieder ein eindrucksvoller Beweis dafür, dass man eben doch ein liebenswerter Dorfverein ist!
Nun heißt es für das Siegerland, Abschied zu nehmen vom Zweitliga-Handball in der Stählerwiese. Doch wie es ganz oft der Fall ist. Bei Verletzungen wie auch bei Absteigern. Häufig kommen Spieler und Vereine stärker wieder zurück. 2017 ging der TuS mit Abstiegstrainer Michael Lerscht in die 3.Liga. Eindrucksvoll meldete man sich ein Jahr später zurück und durfte nun vier Jahre lang Handballfeste im Hexenkessel feiern. Das gilt es sich nun als Vorbild zu nehmen. Stärker zurück zu kommen und die getätigten Personalentscheidungen als Vorgriff für die kommenden Jahre zu sehen. Denn mit Robert Andersson geht ein exzellenter Fachmann an der Seitenlinie mit in die 3. Liga. Sebastian Schöneseiffen stößt zur Geschäftsführung dazu und entlastet Mirza Sijaric und Dirk Stenger. Diese Vier werden ein Team zusammenstellen, welches in der Lage sein wird, den vielen Handballfreunden in und um Kreuztal begeisternde, mitreißende Spiele zu liefern. Und so heißt es spätestens im September wieder: Scream for our team !
Tore: Rutger ten Velde (11/4), Christoph Neuhold (8), Andreas Bornemann (7), Josip Eres (4), Jörn Persson (3), Niklas Diebel, Mattis Michel (je 2), Julian Schneider, Lucas Schneider, Oleksandr Kasai (je 1)
Fotos: Mathias Lehmann