Man könnte von einem Abwärtstrend sprechen, der die Handballer des TuS Ferndorf erwischt hat. Doch wenn man die bisherige Punkteausbeute realistisch betrachtet, stehen die Mannen von Coach Ceven Klatt immer noch bestens da. 14:12 Punkte sind eine Ausbeute aus den ersten dreizehn Saisonspielen, die vor der Saison jeder so unterschrieben hätte. Nun werden in dieser verrückt ausgeglichenen Liga die oft kolportierten 20 Punkte am Ende nicht zum Klassenerhalt reichen. Aber auch die nun immer wieder ins Spiel gebrachten 25 Punkte sind zu schaffen und stellen keine unerreichbare Hürde dar. Zu dieser Thematik betonen die Verantwortlichen immer wieder, dass man mit den Etats der anderen Zweitligisten nicht mithalten kann und es vom ersten Spieltag an nur darum geht, auch in der Saison 2025/26 wieder in der 2.HBL antreten zu dürfen.
1.263 Zuschauer – der Hexenkessel war gut gefüllt, auch wenn sich manch einer gewünscht hätte, wieder einmal die 1300-er Marke zu knacken. Und die Zuschauer bekamen bereits in den ersten Minuten eine Vorstellung davon, wie schwer es am ungewohnten Freitagabend werden würde, die Männer aus der Marmeladenstadt zu besiegen. 1:4 lautete der Zwischenstand in der 6.Minute. Doch eine schlechte Anfangsphase gehört in der laufenden Saison schon ein bisschen zur DNA der Klatt-Mannen. Der Ferndorfer Abwehrverbund offenbarte immer wieder große Lücken, so dass Can Adanir im Tor keine Gelegenheit bekam sich auszuzeichnen. Daniel Hideg traf nun im Angriff zwei Mal die richtige Entscheidung. Doch der größte Aufreger des Spiels ereignete sich in der 9.Minute. Fabian Hecker, der den nicht im Vollbesitz seiner Kräfte befindlichen Marvin Mundus vorzüglich vertrat, wurde von Lübecks Paul Skorupa mit dem Unterarm im Gesicht getroffen. In der Bundesliga, nach Ansehen des Videobeweises, sehr wahrscheinlich eine rote Karte. Hier waren die sehr umsichtig leitenden Referees anderer Meinung und gaben Skorupa nur eine Zwei-Minuten-Strafe. Wer weiß wie das Spiel gelaufen wäre, wenn die Gäste schon so früh in der Partie einen Innenblock-Spieler verloren hätten. Für Hecker war es allerdings der Auftakt in tolle 70 Sekunden. Drei Mal netzte der Sauerländer und sorgte dafür, dass seine Farben beim 7:7 wieder voll im Spiel waren. Jonas Wilde übernahm dann schon der 13.Minute von Adanir. Doch die Tore fielen weiter wie reife Früchte. Auf Seiten der Nordsiegerländer hatte nun Janko Kevic das Heft des Handelns in der Hand. Doch in der Abwehr fehlte weiterhin der Zugriff. Kaum Stopfouls, schlechtes Verschieben und wenige Helfersituationen. „Ich habe kein torreiches Spiel erwartet“ – „Ich habe mit einem torärmeren Spiel gerechnet“ ; die Einschätzung der beiden Trainer war fast wortgleich. Im Sportjargon spricht man gerne über das Momentum. Und das war in der 21.Minute auf Seiten der Gastgeber. Drei Mal in Folge netzte Kevic und beim 14:12 war der schlechte Start in die Partie vergessen. Doch so schnell wie die Waage auf die rot-weiße Seite gekippt war, so schnell war sie auch wieder ausgeglichen. Angeführt von Mittelmann Janik Schrader, der nach dem Spiel ein Extra-Lob seines Trainers einheimste, kämpften sich die Hansestädter wieder heran. Und so ging es leistungsgerecht mit einem 17:17 zum Pausentee.
„Wir kommen einfach in beide Halbzeiten nicht gut rein“, bilanzierte Klatt nach dem Spiel. Und wahrlich – nach nur dreieinhalb Minuten der zweiten Halbzeit hatte Lübeck bereits drei Mal getroffen, währenddessen die Jungs vom Kindelsberg von Außen verwarfen, einen Siebenmeter verwarfen und technische Fehler produzierten. Lübeck spielte nun lang vorgetragene Angriffe, fand aber immer wieder Lücken im rot-weißen Abwehrverbund. Auch das Torwartduell ging deutlich an die Gäste von der Lübecker Bucht. „Wir haben diese Saison schon so tolle Leistungen unserer Torhüter gesehen. Heute muss ich mal ein wenig Kritik üben“, war auch der Ferndorfer Coach mit der Performance von Adanir und Wilde nicht im Reinen, monierte aber im gleichen Atemzug auch die fehlende Präsenz seiner Abwehr. Im Vorfeld der Partie hatte Klatt noch auf die Emotionalität und Zweikampfstärke der Röhrig-Mannen hingewiesen. Und es war auch zu beobachten, dass sich die Gästespieler immer wieder gegenseitig nach vorne pushten und viele Extrawege in Kauf nahmen. Bis zur 45.Minute hatte sich das Spiel bei zwei, drei Toren Rückstand eingependelt. Und dann war da wieder dieses Momentum, was Richtung der Rot-Weißen zu kippen schien. Hecker hatte sich wieder einmal durchgetankt und zum 24:25 verkürzt. Das Spiel war offen und versprach zur Crunch-Time ein Krimi zu werden. Dass den Michel & Co. in den darauffolgenden neun Minuten nur noch ein einziges Tor gelingen sollte, war zu diesem Zeitpunkt nicht absehbar. Erst beim 26:31 (55.) sendeten die TuS-Jungs noch einmal ein Lebenszeichen. Zu spät, um für mehr als nur Ergebniskosmetik in Frage zu kommen. Zu souverän spielten die Hansestädter das Spiel zu Ende, so dass es zum Schluss eine 30:34 Niederlage zu quittieren gab.
„Gratulation an den verdienten Sieger. Jetzt spielen wir nächste Woche ein sehr einfaches Spiel“ – Klatt hatte seinen Humor nicht verloren, wobei in obigem Satz auch sehr viel Wahrheit steckt. Denn beim Gastspiel in Wuppertal, beim Tabellenführer und Aufstiegsaspiranten BHC, erwartet nun wirklich niemand etwas Zählbares. Somit ist es wahrscheinlich wirklich das einfachste Spiel der Saison, wo alle befreit aufspielen können. Und dann ist da ja auch noch das Südwestfalen-Derby – der Auswärts-Doppelpack sozusagen ; 90 Kilometer zum Auswärtsspiel in Wuppertal am Sonntagnachmittag um 17 Uhr, und am 12.Dezember um 19:30 Uhr geht es in der Hagener Ischelandhalle um die Vormachtstellung in Südwestfalen. Dann gilt es für die TuS-Fans: Alle dabei in Liga Zwei!
Tore: Janko Kevic (8), Julius Fanger (5), Josip Eres (5/2), Fabian Hecker (4), Hampus Dahlgren, Daniel Hideg, Mattis Michel, Gabriel Viana (je 2)
Fotos: H.Burbach, M. Lehmann, RGR