Die rot-weißen Himmelsstürmer aus dem handballverrücktesten Dorf des Siegerlandes sind auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Jedem war klar, dass mit fortlaufender Dauer der Saison 2024/25 Niederlagen kommen werden. Dass es die TuS-Equipe nun ausgerechnet in dem Match erwischt, in dem sie historisches erreichen, und erstmals Tabellenführer der 2.HBL werden kann, ist dann doch schon ein Stück weit tragisch. Schade auch, dass es nicht ganz geklappt hat mit der ausverkauften Stählerwiese. Nicht ganz den Zauber aus den letzten beiden Heimspielen versprühend, waren am Ende 1346 Zuschauer Zeuge der ersten Ferndorfer Heimniederlage seit 1 Jahr, 5 Monaten und 1 Tag,
„Spitzenreiter, Spitzenreiter“ schallte es in der 3.Minute durch die altehrwürdige Stählerwiese. Zu diesem Zeitpunkt hatte Julius Fanger das 1:0 erzielt und damit wäre der TuS Ferndorf auf Platz Eins der Tabelle gesprungen. Doch bereits nach zehn Minuten hatte man wichtige Erkenntnisse gewonnen. Mit der Menge an technischen Fehlern, Zeitstrafen und Siebenmetern gegen den TuS, würde es nahezu unmöglich werden, eine gut aufgelegte Hüttenberger Mannschaft zu schlagen. Aus dem 1:0 hatten die Hessen innerhalb von fünf Minuten ein 1:4 gemacht. Der Abstand pendelte sich dann bei zwei bis drei Toren ein und nach einer Viertelstunde stand es 6:9. Can Adanir machte für Jonas Wilde Platz und im Angriff ersetzte Hendrik Stock Janko Kevic. Ferndorfs Coach Ceven Klatt hatte früh zur Auszeit gebeten und personelle Änderungen vorgenommen. Mehr Eins gegen Eins Situationen wünschte sich Ferndorfs Aufstiegscoach, sowie eine Abwehr, die noch beweglicher agiert. Doch zunächst einmal änderte sich nichts an der Gemengelage. Beim 7:12 in der 21.Minute hatte Hüttenbergs Hendrik Schreiber dann mit einem abgefälschten Ball auch noch das Glück auf seiner Seite. Erstmaliger Fünf-Tore-Rückstand. Doch das war das lange erwartete Fanal. Julius Fanger ging nun vorne weg und zeigte, wie man gegen die offensive Hüttenberger Abwehr agieren muss. Den Mannen vom Kindelsberg gelangen nun die leichten Tore, während Hüttenberg für eigene Treffer hart arbeiten musste. „Bis zur 20.Minute sind wir den Gegner hoch angegangen“, zeigte sich Hüttenbergs Altinternationaler auf der Trainerbank, Stefan Kneer, hörbar “stolz auf die Mannschaft“. Doch die Phase zwischen der 21.-30.Minute gehörte den Klatt-Mannen. Immer mal wieder mit vier Rückraumspielern agierend, knabberte man den Vorsprung der Gäste nach und nach ab. Als Gabriel Viana den 11:13 (27.) Anschlusstreffer erzielte, bat Kneer seine Mannen zur Auszeit. Bis zur Halbzeit blieb es beim Zwei-Tore-Rückstand, auch weil Josip Eres, sonst die Zuverlässigkeit in Person, einen Siebenmeter weit über das Tor warf. Doch mit Halbzeit-Rückständen kennen sich die Michel & Co. ja bestens aus. Sowohl gegen Dormagen (15:16), als auch gegen Großwallstadt (15:17) lag man zur Pause zurück, drehte aber das Spiel in Hälfte Zwei.
Und die begann äußerst kurios. Hüttenbergs Halblinker Paul Ohl netzte nach 63 Sekunden zum 13:16. Doch damit begannen die Kuriositäten. Denn in den darauffolgenden zwölf Minuten gelangen den Hausherren gerade einmal zwei Treffer. Die Gäste kamen hingegen gar nicht mehr zum Torerfolg. Jonas Wilde steigerte sich minütlich und lieferte eine starke Leistung ab. Getoppt wurde die am Ende nur noch von Hüttenbergs Keeper Yahav Shamir, der über weite Strecken der zweiten Halbzeit sein Tor nahezu vernagelte. Denn mit dem 15:16 Anschlusstreffer von Philip Würz war die Ferndorfer Herrlichkeit schnell wieder vorbei. „Wir hatten uns zur Halbzeit, trotz einiger Probleme mit der 3:2:1 Abwehr, rangekämpft und verpassen in der Phase zwischen der 30.-40.Minute einige 100%-ige“ haderte Klatt mit dem kuriosen Zeitraum, den sein Gegenüber recht deutlich als „Abnutzungskampf“ titulierte. Der Ferndorfer Coach probierte alles. Vier Rückraumspieler, zwei Kreisläufer, doch keine Variante brachte nachhaltig Erfolg. Und es kam noch schlimmer in dieser verrückten Partie. In der 44.Minute kassierte Würz seine dritte Zwei-Minuten-Strafe und musste sich das Spiel fortan von außen ansehen. Die dadurch vorgenommenen Umstellungen in der Abwehr der Rot-Weißen nutzte der hessische Gast. Aus einem 15:16 wurde nach fünfzig Minuten ein 16:21. Ein fast schon zu großer Rückstand, um in der Crunch-Time nochmal in Schlagdistanz zu kommen. Marko Vignjevic war inzwischen zu seinem Debüt im TuS-Trikot gekommen, doch dem langen Schlaks merkte man die noch fehlende Bindung zu seinen Mitspielern an. Eres und Viana zündeten die Stählerwiese kurz vor Schluss noch einmal an. Doch der 21:23 Anschluss kam zu spät. Die verbleibenden Sekunden spielten die Hüttenberger genauso routiniert herunter, wie die Minuten zuvor. Ein am Ende verdienter Auswärtssieg und damit verbunden, der Verlust des Heimnimbus in der Ära Klatt. Der Coach richtete nach dem Spiel seinen Blick aber wieder nach vorne: „Davon geht die Welt nicht unter. Morgen haben die Jungs frei. Und Montag und Dienstag bereiten wir uns dann auf das schwere Auswärtsspiel in Dresden vor.“ Kneer hingegen haderte mit der Schlussphase und war stolz auf seine Keeper: „Wir haben zwei, drei Mal die Möglichkeit das Spiel frühzeitig zu entscheiden und nutzen diese nicht. Bei unseren Torhütern ist es wichtig, dass wir uns auf beide Keeper verlassen können!“
Es war bereits vor der Saison die Rede von den schweren Aufgaben, die der Herbst für den TuS Ferndorf bereithält. Und nun geht es innerhalb von nur wenigen Tagen gegen zwei Schwergewichte der Liga. Bevor am nächsten Sonntag der Bundesliga-Absteiger HBW Balingen-Weilstetten seine Visitenkarte in der Stählerwiese abgibt, reisen die Michel & Co. am Mittwoch nach Dresden, um beim dortigen HC Elbflorenz zu reüssieren. Eine schwere Aufgabe für Klatt, die richtige Mischung zwischen Spielvorbereitung und Regeneration zu finden. Doch wenn die TuS-Jungs bis dato eins bewiesen haben in dieser Saison, dann, dass sie als Team auftreten und mit Kampfgeist und Willen auch solche Situationen meistern können. Und nächsten Sonntag heißt es dann zu ungewohnter Anwurfzeit um 17 Uhr: Alle dabei in Liga Zwei!
Tore: Julius Fanger (7), Marvin Mundus (4), Gabriel Viana (3), Daniel Hideg (2), Josip Eres (2/1), Hampus Dahlgren, Fabian Hecker, Philip Würz (je 1)
Fotos: H. Burbach, M. Lehmann, RGR