Black Friday einmal anders. Der umsatzstärkste Freitag im Einzelhandel ist erst nächsten Freitag. Einen buchstäblich schwarzen Freitag erwischten die Michel & Co. schon eine Woche früher. Nach der Niederlage im Nordhorner Euregium, gegen passenderweise ganz in schwarz gekleidete Gastgeber, war Trainer Ceven Klatt hörbar angefressen und stellte einen Satz über sein Resümee: „Ich habe kein Problem damit bei der HSG Nordhorn-Lingen zu verlieren. Aber die erste Halbzeit ärgert mich enorm!“ Dabei möchte man dem Coach einen geflügelten Spruch aus dem Fußball zurufen, wo es oftmals heißt: Lieber einmal 4:0 verlieren, als vier Mal 1:0!
„Völlig naiv, schlechter Rückzug, zu wenig Härte und kein Zug zum Tor“ – Klatt sparte nicht mit Kritik, und man muss kein Prophet sein um zu wissen, dass die nächsten Trainingstage nicht vergnügungssteuerpflichtig werden. Dabei legten die Nordsiegerländer erst einmal vor. 0:1 durch Daniel Hideg nach 34 Sekunden. Dass dies die letzte Ferndorfer Führung sein sollte, konnte zu diesem Zeitpunkt niemand erahnen. Dabei ließen die Jungs vom Kindelsberg zu Beginn nicht abreißen. Gabriel Viana versenkte einen Abpraller zum 4:3 Anschlusstreffer, Can Adanir war mit Paraden im Spiel und vorne zauberte Janko Kevic einen Assist aus der Premium-Kategorie auf Mattis Michel. 5:4 nach acht Minuten – es sah nach einem kurzweiligen Handballabend aus. Doch bereits im nächsten Angriff zauberte Nordhorns Spielgestalter Björn Zintel einen Kempa-Pass auf Frieder Bandlow und der netzte zum 6:4. Frieder Bandlow – das personifizierte Ferndorfer Schreckgespenst aus der ersten Halbzeit. Neben einem Kristian van der Merwe im Nordhorner Kasten, der sich im Laufe der ersten Halbzeit in einen wahren Rausch spielte, war es Bandlow, den die Ferndorfer Abwehr zu keiner Zeit in den Griff bekam. Es reihten sich auf Ferndorfer Seite technische Fehler und Fehlwürfe aneinander. In den Abwehrverbund kam man viel zu selten, da die Nordhorner, begünstigt durch die vielen Fehler auf Seiten der Rot-Weißen, einen Tempogegenstoß nach dem anderen liefen. Und wenn man den Gastgeber mal ins gebundene Spiel zwingen konnte, waren Helfersituationen und Stopfouls Mangelware. „Wir müssen das besser als Team verteidigen. Füreinander und nebeneinander einstehen“, fordert Klatt bereits für den kommenden Freitag ein anderes Gesicht seines Teams. Nach dem 5:4 Zwischenstand warfen die TuS-Jungs mehr als zehn Minuten kein Tor! Da auf Seiten der Gastgeber hingegen alles gelang, machten die Niedersachsen kurzen Prozess und waren beim 12:4 (18.) schon weit enteilt. Klatt war zum Improvisieren gezwungen. Und so kam, völlig unverhofft, Valentino Duvancic zu seinem Comeback nach acht Wochen Leidenszeit. Um es vorweg zu nehmen. Duvancic fügte sich ein, als sei er nie weg gewesen. Einer der wenigen Lichtblicke an diesem vermaledeiten Freitagabend. Beim 14:7 (25.) löste Jonas Wilde seinen Gespannsmann im Tor ab, was in der zweiten Halbzeit noch Wirkung zeigen sollte. Wobei van der Merwe im Nordhorner Kasten eine solche Fabelleistung aufs Parkett zauberte, dass er alles in den Schatten stellte. Fünf Minuten vor dem Gang in die Halbzeitpause lag der 30-jährige Däne bei sagenhaften 63% gehaltener Bälle. Mattis Michel und Marvin Mundus sorgten mit zwei Treffern zum Ende der ersten dreißig Minuten für einen Mini-Funken Hoffnung im TuS-Spiel. Mit 17:10 wurden die Seiten gewechselt.
„Wir haben uns in der Halbzeit vorgenommen die zweite Hälfte zu gewinnen und Ergebniskosmetik zu betreiben. Was uns in Teilen ja auch gelungen ist“ – Klatts Bilanz der Minuten dreißig bis sechzig fällt bei weitem nicht mehr so verheerend aus. Doch für mehr als die angesprochene Ergebniskosmetik kam die TuS-Equipe an diesem Abend nicht in Frage. Dabei war auf einmal viel mehr Tempo im Spiel der Klatt-Mannen. Die Auftakthandlungen waren kein Alibi mehr, sondern es war Zug zum Tor erkennbar. Im Abwehrverbund sorgte ein besserer Rückzug, schnellere Füße und damit einhergehend mehr Stopfouls für mehr Stabilität. Und im Kasten war mit Wilde jemand, der nun seinem Gegenüber nicht nachstehen wollte. So bekam der nur 100 Kilometer von Nordhorn entfernt aufgewachsene Wilde ebenso ein Lob seines Trainers wie auch Duvancic, der gleich zu Beginn von Hälfte Zwei doppelt netzte. In der 38.Minute hatten die Michel & Co. bereits etwas vom Vorsprung der Hausherren abgeknabbert. Und nach Julius Fangers Anschlusstreffer zum 22:18 in der 43.Minute war sogar wieder etwas Hoffnung in die Gesichter der TuS-Fans zurückgekehrt. Wilde entschärfte einen Siebenmeter Bandlows und vorne wurden viel weniger Fehler produziert. Nach dem 24:20 Anschlusstreffer Duvancics in der 45.Minute war die Hoffnung da, dass man mit einem Drei-Tore-Rückstand in die Crunch-Time kommt, um so die Nordhorner nochmal vor Aufgaben zu stellen. Doch dazu kam es nicht. Schon beim Einbiegen auf die Zielgeraden hatten die Gastgeber mit dem 28:22 (51.) für klare Verhältnisse gesorgt. Der Rest war Schaulaufen des Siegers. Die Hypothek aus der schwachen ersten Halbzeit war zu groß, um nochmal korrigierend einzugreifen.
33 Gegentore – Höchstwert in der bisherigen Saison. Die hat man auch in Hamm kassiert, war damals aber im Angriff auf Augenhöhe und somit in der Lage Paroli zu bieten. Die Möglichkeit diese Scharte auszuwetzen, bietet sich bereits am kommenden Freitagabend um 19:30 Uhr. Dann sind die Männer aus der Hansestadt Lübeck zu Gast in der Stählerwiese. Beste Unterhaltung ist garantiert – das haben die bisherigen sechs Heimspiele des TuS Ferndorf gezeigt. Somit heißt es in knapp einer Woche nicht „Samstag 19:30 Uhr und 26 Sekunden – hier ist Berlin mit der Deutschen Hitparade im Zett-Dee-Eff“, sondern Hallensprecher Kai Brückmann wird den Hexenkessel befeuern und es heißt „Freitag 19:30 Uhr – hier ist Kreuztal mit der 2.HBL!“ Für alle TuS-Fans gilt dann wieder: Alle dabei in Liga Zwei!
Tore: Valentino Duvancic, Daniel Hideg (je 5), Mattis Michel, Marvin Mundus (je 4), Hampus Dahlgren, Janko Kevic (je 2), Josip Eres (2/1), Julius Fanger, Fabian Hecker, Gabriel Viana (je 1)
Foto: Bültmann/HSG Nordhorn Lingen/ 2. HBL