„Der schwarze Fleck auf der weißen Weste“ – Ferndorfs Coach Ceven Klatt denkt nur allzu gern an den Saisonstart zurück. Fünf Siege aus den ersten sechs Spielen standen Mitte Oktober zu Buche. Nur beim Auswärtsspiel in Essen, der von Klatt angesprochene schwarze Fleck, störte den ansonsten so perfekten Einstieg in die neue Liga. Inzwischen ist man in und um die Kreuztaler Stählerwiese in der Realität angekommen. Der Vorsprung auf die Abstiegsplätze ist auf drei Punkte zusammengeschmolzen. Mehr als die halbe Liga steckt im Abstiegskampf. Doch dass die TuS-Equipe gerade in solchen Momenten über sich hinauswachsen kann, hat sie in der Hinrunde schon zwei Mal bewiesen. Das Duell gegen die Eulen Ludwigshafen und das Derby in Hagen waren als richtungsweisend ausgegeben worden. In beiden Spielen zeigten die Michel & Co. eine famose Leistung. Das soll auch am Samstagabend zu altgewohnter Anwurfzeit um 19:30 Uhr der Fall sein.
Gegner ist dann kein Geringerer als der Traditionsverein aus dem Ruhrpott – TuSEM Essen! Drei Deutsche Meisterschaften, drei Pokalsiege und der Gewinn des Europapokals der Pokalsieger stehen für den Altmeister zu Buche. Doch für Triumphe aus den 80-er und 90-er Jahren gibt es in der Gegenwart keine Punkte. Und so sucht Essens Coach Daniel Haase, ehemaliger Leiter des Nachwuchszentrums und Trainer der A-Jugend der Rhein-Neckar-Löwen, weiterhin nach der Ursache für die Leistungsdiskrepanz seines Teams. In der Heimtabelle ganz, ganz vorne mit dabei, steht man im Auswärtstableau, gemeinsam mit Aufsteiger Konstanz, am Tabellenende. Dabei hat das Team durchweg die Qualität, um am Ende über dem Strich zu stehen. „Eine kampfstarke Mannschaft, die hinten sehr kompakt steht. Wir brauchen also viel Bewegung“ – Klatt weiß nur allzu gut was auf die Seinen zukommt. Vom „Dreh- und Angelpunkt des Essener Spiels“, Nils Homscheid, ist er ebenso angetan wie von den schon im Hinspiel stark auftrumpfenden Außenspielern. Dazu kommt Felix Göttler auf der Königsposition im linken Rückraum, der mit seinen 19 Lenzen fünftbester Feldtorschütze der gesamten Liga ist. Doch damit nicht genug, denn hinter dem angesprochenen Abwehrverbund, der physisch sehr stark daher kommt, stehen auch noch zwei Meister ihres Fachs zwischen den Pfosten. Neben dem bundesligaerfahrenen Dominik Plaue ist das der international erfahrene Schweizer Dennis Wipf, der beim Hinspiel mit einer 31% Quote glänzte.
Bei den Jungs aus dem handballverrücktesten Dorf des Siegerlandes gab es beim Thema Personal einiges zu vermelden. Fehlte beim Spiel in Dormagen fast eine komplette Mannschaft, so hofft Aufstiegscoach Klatt beim Abstiegskracher gegen Essen auf den ein oder anderen Rückkehrer. Die größte Hoffnung besteht bei Julius Fanger, der seine Probleme wohl im Griff hat. Linksaußen Gabriel Viana hat seine Knieprobleme ad acta gelegt und ist wieder zu 100% einsatzfähig. Nur minimale Chancen auf Einsatzzeit hat hingegen Daniel Hideg. Die badische Ballkanone wird sich wahrscheinlich noch gedulden müssen. Sichere Ausfälle sind Fynn Herzig, Paul Schikora und Philip Würz. Viel Arbeit also, die da auf den TuS-Coach zukommt. Denn beim Thema Matchplan wird dieser sich das ein oder andere einfallen lassen müssen. Insbesondere auf Durchbruchaktionen und die Kooperation mit den Kreisläufern wird es ankommen. Dazu braucht es den unbedingten Willen des Teams, um auch den Funken auf die Ränge überspringen zu lassen. In der Abwehr muss wieder so gearbeitet werden, wie es über weite Strecken der Hinrunde Gewohnheit war. Dazu hat auch der Trainer eine klare Sicht der Dinge: „Wenn die Abwehr gut arbeitet, bekommen automatisch auch die Torhüter wieder bessere Quoten!“ Überdies lässt Klatt keinen Zweifel aufkommen, wenn es um die Qualität der Seinen geht: „Ich glaube an die Jungs. Wir werden in der Abwehr wieder konsequenter sein und insgesamt ein anderes Gesicht zeigen.“ Dabei mithelfen wird auch Neuzugang Malte Nolting, der vom Drittligisten aus Köln-Longerich zum Team gestoßen ist und seine unbestrittenen Qualitäten im Abwehrspiel einbringen wird. Im Angriffsspiel wird der fast zwei Meter große Hüne noch Zeit benötigen, doch bei den drei Dingen die sein Neu-Coach als Attribute für das Essen-Spiel ausgegeben hat, ist auch Nolting ganz vorne mit dabei: „Kampfgeist – Wille – Einsatzbereitschaft!“
Genauso entscheidend wird sein, dass in den verbleibenden neun Heimspielen Mannschaft und Zuschauer eine Symbiose bilden. In der Vergangenheit hat die Stählerwiese oft genug bewiesen, dass sie der viel zitierte achte Mann sein kann. Deshalb an dieser Stelle nochmal der Hinweis: Der Streamingdienst DYN bietet tolle Übertragungen. Aber am Samstagabend werden alle Siegerländer Handballfans im Hexenkessel benötigt. Noch gibt es Stehplatz-Tickets auf der Haupttribüne und auf der Quast-Tribüne. Doch wenn der Kapitän Mattis Michel sein Team um kurz vor halb Acht aufs Feld führt, soll jede Karte verkauft sein und das Siegerland wie ein Mann hinter den Ferndorfer Jungs stehen. Denn dann heißt es wieder: Scream for your team – mit der #familieferndorf, mit der #familietus !
WISSENSWERTES
Gegner: Turn- und Sportverein Essen-Margarethenhöhe
> kurz: TuSEM Essen
Einwohner Essen: 597.000 (zum Vergleich: Ferndorf = 3.900)
Heimspielstätte: Sporthalle „Am Hallo“ – 2.600 Zuschauer Fassungsvermögen
Trikotfarbe: rot-weiß
größte Erfolge: Deutscher Meister ’86, ’87 + ’89, Deutscher Pokalsieger ’88, ’91 + ’92, Europapokal der Pokalsieger ’89, EHF-Pokal 2005