Endlich wieder Hexenkessel-Atmosphäre

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Die Welle der Euphorie schwappt gerade über den Siegerländer Sport. Und sie hat auch den TuS Ferndorf erwischt. 819 lange Tage hat es gedauert. Doch nun spielt das handballerische Aushängeschild des Siegerlands wieder in der zweiten Handball-Bundesliga. Und an eben dieser zweiten Liga hätten zum Beispiel die beiden ehemaligen Kickbox-Weltmeister Christine Theiss und Ramin Abtin ihre helle Freude. Die beiden moderieren die Abnehm-Show „The Biggest Loser“ auf SAT1 und haben mit Schwergewichten zu tun. Und mit Schwergewichten kennt sich die wahrscheinlich stärkste zweite Liga aller Zeiten bestens aus. Sage und schreibe vierzehn der achtzehn Vereine haben bereits Erstliga-Luft geschnuppert. Und da jedes dieser Teams weiß wie süß dieser Erfolg schmeckt, will man gerne wieder in die Beletage des deutschen Handballs zurück. Ein Vorgeschmack darauf, was den TuS Ferndorf in dieser knüppelharten Liga erwarten wird.

Der erste Verein, der in der Stählerwiese Beute machen will, ist der TSV Bayer Dormagen. Auch eines der vierzehn oben genannten Teams, aber aktuell eher weit weg von den großen Fleischtöpfen. Denn im Herbst 2023 wurde der, für seine Jugendarbeit so oft gerühmte, Verein vom Mittelrhein von finanziellen Schwierigkeiten durchgeschüttelt. Auf eine Viertelmillionen belief sich der kolportierte Fehlbetrag. Kein Stein blieb auf dem anderen. Und unter Anstrengung von vielen Sponsoren, Gönnern, Fans und Freunden stemmte man sich gegen das finanzielle Aus und gewann diesen Kampf auf beeindruckende Art und Weise. Das gipfelt nun in einem Team, dem man durchaus Überraschungspotenzial für die anstehende Runde prophezeien darf. Denn nicht weniger als zwölf Spieler, aus dem zwanzig Mann umfassenden Kader, sind 18 bis 20 Jahre alt. Doch neben diesen unerfahrenen, aber durchweg gut ausgebildeten Handballern, tummeln sich einige ganz erfahrene Spieler. Unter dem Bayer-Kreuz hat man es sogar geschafft, auf jeder Position einen erfahrenen Fahrensmann an die Seite der Jungspunde zu stellen. Torhüter Ole Simonsen, Linksaußen Joshua Reuland, im Rückraum das Trio Alexander Senden, Sören Steinhaus und Finn Schroven, Rechtsaußen Peter Strosack und Kreisläufer Patrick Hüter bringen Erfahrung aus über eintausend Spielen in erster und zweiter Liga ein. Und auch Ferndorfs Coach Ceven Klatt hat durchaus Respekt vor dem ersten Gegner: „Eine Mannschaft, die versucht sechzig Minuten lang auf dem Gaspedal zu stehen. Im gebundenen Spiel versuchen sie es mit viel Eins gegen Eins und Durchbrüchen. Dazu steht ihnen ein großgewachsener Innenblock zur Verfügung, der sie eine kompakte Verteidigung spielen lässt.“ Alles in allem also ein interessanter Gegner, der zur ungewohnten Anwurfzeit um 18 Uhr am Samstagabend seine Aufwartung in der Stählerwiese macht.

Es wurde viel gelaufen und viel geschwitzt in den vergangenen Wochen. Rund um die Stählerwiese hat Klatt seine Mannen mit viel Akribie auf die nun anstehenden Aufgaben vorbereitet. „Wir sind gut aus der Vorbereitung gekommen. Trotz kleinerer Verletzungen haben wir uns von Woche zu Woche weiterentwickelt“, zieht der Coach eine positive Bilanz. Ein kleiner Wermutstropfen trübt den Ferndorfer Freudenbecher noch. Fynn Herzig, Neuzugang aus Coburg und große Hoffnung im linken Rückraum, steht noch nicht zur Verfügung, wozu Klatt allerdings eine klare Meinung hat: „Fynn hat nun ein halbes Jahr kein Handball gespielt. Deshalb werden wir ihn vorsichtig heranführen. Dabei müssen wirklich Alle geduldig sein!“ Ziele haben sich die Michel & Co. mannschaftsintern auch wieder gesteckt. Wie in der abgelaufenen Runde, so hat sich die TuS-Equipe auch dieses Mal wieder „Ziele pro Spiel“ gesetzt. Ob beim Thema selbst erzielte Tore, Gegentore oder Stopfouls – überall haben sich die Rot-Weißen Zielvorgaben gesetzt, die sie versuchen zu erreichen. Dabei mithelfen werden auch die anderen Neuzugänge neben Herzig. Angeführt vom Keeper Can Adanir, der schon über reichlich Zweitliga-Erfahrung verfügt, sind das Linksaußen Hampus Dahlgren aus Schweden, Spielgestalter Hendrick Stock aus Ratingen und Kreisläufer Philip Würz aus Gummersbach. Da neben dem alten und neuen Kapitän Mattis Michel auch die übrigen Aufstiegshelden aus dem Juni auf den Saisonauftakt brennen, wird sich am Ende des Spiels kein Zuschauer über mangelnden Einsatz der Jungs vom Kindelsberg beschweren können. Und so hat der Trainer auch dazu die passenden Worte parat: „Diese zweite Liga ist brutal stark. Es wird ein Überlebenskampf von der ersten Sekunde an. Und damit legen wir am Samstagabend los!“

Letztes Jahr um diese Zeit vermeldete der TuS Ferndorf einen neuen Dauerkarten-Rekord. 650 Saison-Billets hatte man für die Saison 2023/24 verkauft. Diesen Rekord hat man aktuell pulverisiert. Die, selbst für manchen Zweitligisten, unfassbar anmutende Zahl von 780 Dauerkarten wurden in den letzten Wochen abgesetzt. Ein weiteres Indiz dafür, wie sehr die Euphoriewelle die Fans des traditionsreichen Vereins aus dem Nordsiegerland gepackt hat. Die Atmosphäre in der Stählerwiese wird von Vielen als einer der Gründe genannt, warum der TuS Ferndorf am Ende dieser packenden Zweitliga-Saison über dem Strich stehen wird. Und somit wird, wie schon in den Play-Off-Aufstiegsspielen der vergangenen Saison, wieder viel davon abhängen, wie sehr die Fans ihr Team in schlechten Phasen auch mal durch ein Spiel tragen können. Somit heißt es nun endlich wieder in Deutschlands zweithöchster Handball-Spielklasse: Scream for your team – mit der #familieferndorf, mit der #familietus !


WISSENAWERTES
Gegner: TSV Bayer Dormagen
Einwohner Dormagen: 65.200 (zum Vergleich: Ferndorf = 3.900)
Heimspielstätte: TSV Bayer Sportzentrum – 3.002 Zuschauer Fassungsvermögen
Trikotfarbe: blau/weiß
größte Erfolge: 5. Platz Bundesliga 1988 + 1991, Platz 20 in der „Ewigen Tabelle der Handball-Bundesliga“

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