Es war in den vergangenen Wochen ganz oft vom Schulterschluss zwischen Mannschaft und Zuschauern die Rede. Das Team sollte den Funken auf die Tribüne überspringen lassen, und selbige dann den Michel & Co. in schweren Situation den Rücken stärken. Wenn man diese Worte live und in Farbe erleben wollen würde, man wäre am Samstagabend im Hexenkessel Stählerwiese bestens aufgehoben gewesen. Ein dezimiertes Ferndorfer Team, dass unter anderem auf den Denker und Lenker Janko Kevic verzichten musste, gab auf der Platte sein letztes Hemd und auf der Tribüne waren die TuS-Fans bereit, von der ersten bis zur letzten Minute ihr Team nach Leibeskräften zu unterstützen. Was genau im Hexenkessel los war beschreibt der erste Satz von TuS-Coach Ceven Klatt in der Pressekonferenz nach dem Spiel: „Vielen Dank für die überragende Unterstützung!“
Daniel Hideg und Gabriel Viana waren die ersten Torschützen auf Ferndorfer Seite. Dazu gesellte sich auf Halbrechts ein äußerst spielfreudiger Fabian Hecker, der den grippal angeschlagenen Marvin Mundus ersetzte. Kein Team konnte sich zu Beginn der Partie absetzen. Interessanter Aspekt beim 5:4 durch Josip Eres in der 6.Minute, dass bis dahin fünf verschiedene Torschützen auf dem Spielberichtsbogen standen. Einen ersten echten Aufreger gab es in der 8.Minute. Viana bekam einen guten Winkel auf Linksaußen und nahm sich die Chance. Hamms Jonas Stüber machte einen langen Schritt und traf Viana. Zwei Minuten für Hamms Kreisläufer und Siebenmeter für Ferndorf. Da hätte sich der Hammer auch über den roten Karton nicht beschweren dürfen. Bis zum 11:9 fielen die Tore dann auf beiden Seiten wie reife Früchte. Beim 11:11 (14.) durch Hamms Linksaußen Florian Drosten hatten die Mannen aus dem östlichen Ruhrgebiet erstmals seit dem 4:4 wieder ausgeglichen. Danach folgte eine fünfminütige Phase der Torlosigkeit. Auf der einen Seite hatte man das Gefühl, dass Hamms Keeper Viktor Warrer zum König von Kreuztal geschossen wird, während auf der anderen Seite eine aufopferungsvoll kämpfende Defensive der Rot-Weißen den Gästen immer wieder den Schneid abkaufte. Während Klatt rund um die 20.Minute die Rotationsmaschine angeworfen hatte, haderte Hamms Coach Hegemann mit der Anfangsviertelstunde seines Teams: „Wir haben zu leichte Tore zugelassen und standen nicht kompakt genug in der Deckung.“ Auf Seiten der Nordsiegerländer stellte sich nun auch Mundus in den Dienst der Mannschaft. Und erzielte zum 15:14 (24.) und 17:16 (26.) zwei immens wichtige Tore. Doch das sollte nicht für die Halbzeitführung reichen. Die verbuchten die Gäste für sich Mit 17:18 ging es zum Pausentee.
Die ersten Minuten der zweiten Hälfte gehörten der badischen Ballkanone namens Hideg. Drei Mal netzte der gebürtige Hockenheimer in unnachahmlicher Manier. Die Mannen vom Kindelsberg drehten die Partie von einem 17:19 in ein 21:20 (37.). Jetzt schwappte die Partie in Wellen hin und her. Während die Hammer wieder die Führung an sich rissen, drehte die Kleingruppe Hideg/Duvancic auf. Zwei tolle Anspiele Hidegs verwandelte Valentino Duvancic spektakulär. Keine der beiden Mannschaften vermochte sich in dieser Phase abzusetzen. Hamms 2,06 mtr. Hüne Julius Meyer-Siebert bekam zwei gerechtfertigte Zeitstrafen, deren Häufung in Halbzeit Zwei Hamms Coach in der Nachbetrachtung als mit spielentscheidend ansah: „Wir spielen in der zweiten Halbzeit zu viele Unterzahlphasen. Und dann fehlt uns hinten raus auch einfach die Kaltschnäuzigkeit!“ Hamm verzeichnete insgesamt sieben Siebenmeter. Und der erst 20-jährige Drosten zeigte sich bei allen sieben Versuchen kalt wie eine Hundeschnauze. Ferndorfs Linksaußen Viana war es nun, der auf einem ganz schmalem Grat wandelte, da er bereits zwei Zeitstrafen kassiert hatte.. Ein Rückraumhammer von Julius Fanger zum 26:25 (45.) läutete dann die beste Phase des Ferndorfer Spiels ein. Vianas Ausruf „Vamos“, nach seinem Tor zum 27:25 in Richtung der eigenen Mitspieler, nahmen diese auf und legten noch drei Tore nach. Getragen von einem sehr beweglichen Abwehrverbund, der es den Gästen immer schwerer machte ein Tor zu erzielen, ging man mit einem 30:26 in die letzten zehn Minuten. Doch „Wandler“ Viana hatte die Grenzen des Erlaubten zu weit ausgereizt und kassierte in der 52.Minute die rote Karte. Und irgendwie hatte man das Gefühl, dass durch diese Aktion das Spiel nochmal kippen könnte. Die Männer aus dem handballverrücktesten Dorf des Siegerlandes fanden keine Lösungen mehr. Nach einer Abwehrumstellung der Hammer auf eine sehr offensive Variante, sah es auf Ferndorfer Seite mehr und mehr nach Rammel-Handball als nach Auftakthandlungen aus. Doch ausgerechnet in dieser Phase war das Publikum da. 1345 begeisterungsfähige Siegerländer Handballfans machten die Stählerwiese zum Hexenkessel und halfen ihrem Team nach Kräften. Hamm robbte sich aber ran und war schon in der 53.Minute, beim 30:29, wieder im Spiel. „Hamm macht mit der 5:1 Deckung das Spiel nochmal auf. Aber wir hatten einfach ein gutes Tempospiel und insgesamt einen guten Angriff“, resümierte Klatt. Symptomatisch für den aufopferungsvollen Kampf der Klatt-Mannen war Fanger, der in der 58.Minute, von Krämpfen in beiden Waden geplagt, den Dienst quittieren musste. Die beiden wichtigsten Aktionen zum Spielende hin waren dann von einem Goalgetter geprägt, der sich ebenfalls auf dem Zahnfleisch ins Ziel robbte – Marvin Mundus. Mit letzten Kraftreserven wuchtete Mundus den Ball zum 34:32 und 35:33 in die Maschen. Der Heimsieg war perfekt. Nach dem 33:34 Parforceritt in der Hinrunde, sind es somit 4:0 Punkte gegen eine Mannschaft, die nicht wenige vor der Saison ganz weit oben in der Tabelle gesehen haben.
Und so soll es weitergehen. Bereits am kommenden Mittwoch gastieren die Michel & Co. beim mittelhessischen Nachbarn. „Ab Sonntag konzentrieren wir uns bereits voll und ganz mit der Vorbereitung auf den TV Hüttenberg – derzeit eine der schwersten Aufgaben in Liga Zwei“, wie Klatt anmerkte. Hallensprecher Kai Brückmann hat es mehrfach betont – eine Stunde entfernt befindet sich das Sportzentrum Hüttenberg. Für den ein oder anderen TuS-Fan sicherlich eine reizvolle Entfernung, auch wenn die Ansetzung an einem Mittwochabend sicher nicht für Begeisterungsstürme sorgt. Doch ganz egal wo das rot-weiße Herz am Mttwoch mitfiebert. Ob live vor Ort, beim Streamingdienst DYN oder auch nur im Herzen. Wichtig ist nur: Alle dabei für den Klassenerhalt in Liga Zwei!
Tore: Daniel Hideg (8), Josip Eres (7/3), Valentino Duvancic, Marvin Mundus, Gabriel Viana (je 4), Fabian Hecker (3), Julius Fanger, Mattis Michel (je 2), Hendrik Stock (1)
Fotos: H. Burbach, M. Lehmann, RGR-TuS Ferndorf