Siebenmeter-Drama in der Stählerwiese

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Nach Monaten der Verletzung war Josip Eres wieder dabei und erzieltegleich 6/3 Tore (Foto: H.Burbach)

Eine seit Jahrzehnten anwendbare Sportweisheit lautet: Wenn man seine Chancen nicht nutzt, hat man es nicht verdient zu gewinnen. Oder wie es Robert Andersson, Trainer des TuS Ferndorf, nach dem Spiel zu Protokoll gab: „Wir hatten so viele Chancen, konnten aber nicht das umsetzen was wir trainiert haben.“ Aussagen die verdeutlichen, dass bei einer effektiveren Chancenverwertung am Samstagabend so viel mehr möglich gewesen wäre. Dabei war man allenthalben positiv gestimmt. Nicht zuletzt der Abschluss-Sieg im Jahr 2021 gegen Dormagen und die Verpflichtung des österreichischen Internationalen Christoph Neuhold unter der Woche waren Faktoren, die so etwas wie Aufbruchstimmung im Lager der Siegerländer erzeugten.

Das wurde auch zu Spielbeginn untermauert, als man zwar immer einem Rückstand hinterher lief, aber jeweils postwendend ausgleichen konnte. Rückkehrer Josip Eres zauberte gleich zu Beginn. Sein erstes Tor nach fast einem halben Jahr Leidenszeit war gleich zum Zungeschnalzen. Der nicht immer mit Abschlussglück gesegnete Julian Schneider bereitete der Eisenacher Abwehr zu Beginn mit vielen Durchbrüchen Probleme. Doch bereits früh im Spiel scheiterte Linksaußen Rutger ten Velde von der Siebenmeter-Marke. Ein Fakt, der sich wie ein roter Faden durchs Spiel ziehen sollte. Branimir Koloper und Mattis Michel stellten den Mittelblock in einer Ferndorfer Abwehr, die mit fortschreitender Spielzeit immer beweglichere Beine bekam. So war es nur folgerichtig, dass Lukas Siegler nach einer Viertelstunde, mit einem Doppelpack, zur ersten Ferndorfer Führung einnetzen konnte. 7:6 stand es, doch der ThSV Eisenach sorgte mit immer wechselnden Abwehrformationen für viel Bewegung auf den 800 Quadratmeter Hallenboden. So war es nicht verwunderlich, dass die Wartburgstädter bereits fünf Minuten später das Spiel wieder gedreht hatten. Fynn Hangstein brachte seine Farben mit 8:9 in Front. Der Fynn Hangstein, der am Ende elf Tore auf seinem Konto hatte. Auf Seiten des TuS erhöhte sich die Fehlerquote zu diesem Zeitpunkt merklich. Schrittfehler, ein zweiter verworfener Siebenmeter, und am Ende der ersten dreißig Minuten fast der 12:14 Rückstand. Doch einen technischen Fehler der Gäste nutzte Lucas Puhl, mit einem Wurf über das gesamte Spielfeld, zu seinem dritten Saisontor und dem 13:13 Halbzeitstand.

Kurz nach Wiederbeginn überschlugen sich die Ereignisse. Erst war es Neuzugang Christoph Neuhold, der seine Farben mit 15:13 in Front brachte. Aus der folgenden Überzahlsituation konnten die Rot-Weißen dann kein Kapital schlagen. Ein verworfener Siebenmeter und zwei Gegentore – so stellt man sich eine numerische Überzahl so rein gar nicht vor. Vor allen Dingen Jörn Persson war es jetzt, der vorweg ging und sich in jede noch so kleine Lücke warf. Tor oder Siebenmeter war die jeweils logische Folge. Wobei es fast schon tragisch klingt, aber die Entscheidung auf Strafwurf war für die Andersson-Mannen am Samstagabend mehr Bestrafung als Belohnung. Nach 42 Minuten hatte Eisenachs, in der zweiten Halbzeit überragend agierender, Keeper Johannes Jepsen bereits vier Siebenmeter-Paraden auf dem Konto. All diesen Widrigkeiten zum Trotz führten die TuS-Jungs zu diesem Zeitpunkt mit 20:17. Doch genau in dieser Phase blieben beste Chancen ungenutzt, produzierte man unnötige technische Fehler und baute den Gegner wieder auf. Kopf an Kopf ging es in die oft zitierte Crunch-Time. Und wenn Andersson nach dem Spiel hofft, dass Neuzugang Neuhold „Energie und Lockerheit mitbringt“, dann spielt er auf eben diese letzten zehn Minuten an. Alles was der Mannschaft gut gelungen war, war nun wie weggeblasen. Jepsen wurde endgültig zum Eisenacher Helden geschossen, und obendrein wurde auch noch Siebenmeter Nummer Fünf an diesem Abend vergeben. Alles in allem ein Auftritt in den letzten zehn Minuten, mit dem es schwer werden wird, in dieser starken Liga zu punkten. Logische Schlussfolgerung des Haderns und Zaudern zum Spielende hin, war der 24:27 Endstand – eine Niederlage, so unnötig wie ein Kropf.

Dass die TuS-Equipe es besser kann, hat sie während der ersten 50 Minuten bewiesen. Mit vielen Gegnern in dieser Liga konnte man über vierzig, fünfzig Minuten mithalten. Doch häufig fehlte zum Ende hin die Portion Leichtigkeit, die man als Tabellenletzter schwerlich haben kann. Nun gilt es sich kurz zu schütteln, um den Fokus auf den Freitagabend zu richten. Dann geht es zum ewig jungen Südwestfalen-Derby nach Hagen. Dort wartet DIE Überraschungsmannschaft der zweiten Liga auf den TuS Ferndorf. Und gerade dann, wenn man nicht sonderlich viel erwartet, gelingt Mannschaften ein unverhoffter Befreiungsschlag. Drücken wir dem Team die Daumen, dass eben dieser Brustlöser am Freitagabend in Hagen gelingt.

Tore: Rutger ten Velde (6/2), Josip Eres (6/3), Lukas Siegler (3), Jörn Persson, Christoph Neuhold (je 2), Mattis Michel (2/2), Lucas Puhl, Julian Schneider, Kim Voss-Fels (je 1)


Fotos: H.Burbach

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