TuS hat endlich mal das Quäntchen Glück

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„Und du denkst, dein Herz schwappt dir über. Fühlst dich vom Sentiment überschwemmt. Es sind die einzigartigen tausendstel Momente. Das ist was man Sekundenglück nennt.“ Was Herbert Grönemeyer in seinem Lied „Sekundenglück“ beschreibt, umreißt am besten die Gefühlslage all derer, die es mit dem TuS Ferndorf halten. Rimpar, Hüttenberg, Großwallstadt, Aue und Konstanz. Die Liste der Spiele aus dem Kalenderjahr 2021, in denen das Spielglück dem TuS Ferndorf nicht hold war, ist extrem lang. Umso schöner, dass sich dieses Team einen unglaublichen Fighting Spirit zu seinem Eigen gemacht hat. Und im Auswärtsspiel beim mittelrheinischen Rivalen in Dormagen dafür auch endlich einmal belohnt wurde.

Dass der durch Corona verzerrte Spielplan ab und an seltsame Blüten treibt, zeigte sich z.B. an der Tatsache, dass diese Nachholpartie eine Begegnung des fünften Spieltages war. Und es dauerte gar nicht lang, da waren beide Teams in selbiger angekommen. Wobei sich bereits zu Beginn zwei Dinge abzuzeichnen schienen. Zum einen die gute Verfassung, in der sich der Dormagener Keeper Sven Bartmann befindet. Zum anderen eine gute, tief stehende Abwehr der Rot-Weißen. Die war dann auch ausschlaggebend für die Führung, die sich das Team immer wieder erspielte. Der wiederholt sehr spielfreudig agierende Torben Matzken sorgte mit seinem dritten Treffer für die erste Drei-Tore-Führung. 6:9 lautete der Zwischenstand nach vierzehn Minuten, und Dormagens Coach Dusko Bilanovic sah sich das erste Mal gezwungen, in einer Auszeit nachzujustieren. Aber anstatt nachzulegen, brachte man die ersatzgeschwächt agierenden Dormagener durch einen verworfenen Strafwurf und technische Fehler beim 9:9 zurück ins Spiel. Auch eine 9:11 Führung konnten die Dormagener Wiesel, angeführt von Ian Hüter und Benjamin Richter, nach 23 Minuten wieder ausgleichen. Kein Faktor bis dahin war Ferndorfs Torhüter Marin Durica, der am Ende mit sieben Paraden einen ordentlichen Job machte, aber nicht an seine überragende Quote aus dem Heimspiel gegen Konstanz anknüpfen konnte. Gar kein Faktor hingegen waren die Ferndorfer Rückraumspieler. Bis auf den gut aufgelegten Matzken, zeigte ein ganzes Tor von den Halbpositionen, wo es trotz der 12:14 Halbzeitführung anzusetzen galt.


Doch auch wenn die zweite Halbzeit erst einmal genauso weiter lief wie Durchgang eins – eines muss man dem Team von Coach Robert Andersson hoch anrechnen. Über die volle Distanz sorgte ein sehr gutes Rückzugsverhalten und ein im Positionsangriff schnell vorgetragener Ball für viel Druck auf dem Dormagener Spiel. Eine disziplinierte Spielweise, die Andersson seinem Team eingeimpft hat, und die langsam aber sicher Früchte zu tragen scheint. Josip Eres, der am Ende bei sieben Versuchen aus dem Feld sieben Tore erzielte, sorgte mit seinem Tor zum 16:19 für eine neuerliche Drei-Tore-Führung der TuS-Equipe. Die schien dieser aber gar nicht zu schmecken, denn in den darauffolgenden vier Minuten drehte der Gastgeber das Spiel komplett. Nach einer Dormagener Auszeit schienen die TuS-Spieler völlig von der Rolle, was die Mittelrheiner zu einem 5:0 Lauf nutzten. Es passte zu diesem verrückten Abend, dass das Spiel ausgeglichen weiter lief und mit einem 22:22 auf die Zielgerade einbog. In der Crunch-Time durfte dann, nach erneut drei verworfenen Siebenmetern, mal wieder Mattis Michel an die Marke treten. So hielt die rot-weiße Führung bis zum 24:25. Was danach passierte, macht unseren Sport so einzigartig. Dormagen dreht das Spiel, kommt bei 26:25 Führung in Ballbesitz und kann eine schnelle erste Welle laufen. Doch Jakub Sterba wirft den Ball irgendwo ins Nirgendwo, so dass der Ballbesitz wechselt. Ferndorf im Angriff – und Andreas Bornemann, der bis in die Schlussphase wenig Schussglück hatte, trifft zum erneuten Ausgleich. Als Patrick Hüter dann 75 Sekunden vor Schluss ein technischer Fehler unterläuft und der TuS ein weiteres Mal in Ballbesitz kommt, scheint zumindest ein Punkt sicher in der Tasche zu sein. Aber leider nur scheinbar. Nach einer Auszeit von Andersson nimmt sich Christopher Klasmann ein Herz. Doch der glücklose Abend für Klasmann findet seine Fortsetzung am linken Torpfosten. Ballbesitz Dormagen und die Chance, unverhofft doch noch beide Punkte im Sportcenter zu behalten. Aber ein erneuter technischer Fehler wenige Sekunden vor Ende der Partie lässt den Ballbesitz nochmal wechseln. Und mit einem letzten schnellen Gegenstoß wird der Top-Torschütze der gestrigen Partie auf die Reise geschickt. Eres bleibt von der halbrechten Position eiskalt und netzt zum vielumjubelten 26:27 Siegtreffer ein.

Was bleibt, ist die Erkenntnis eines erneut kämpferisch überzeugenden Auftritts der Andersson-Equipe. Die Mannschaft scheint sich gefunden zu haben und das implizierte Spielsystem des schwedischen Alt-Internationalen an der Seitenlinie greift immer mehr. So spielt der TuS Ferndorf, trotz der kräftezehrenden Corona-Pause, einen schnellen Ball und fightet bis zur Schlusssekunde. Dass dies endlich mit doppelten Punktgewinnen garniert wird, ja das war im gestrigen Fall wirklich das, was man Sekundenglück nennt.

Tore: Josip Eres (8/1), Torben Matzken, Julian Schneider (je 4), Mattis Michel (4/1), Andreas Bornemann, Niklas Diebel, Thomas Rink (je 2), Lucas Schneider (1)

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