Es ist eine bedeutungsschwangere Aussage, die so oft benutzt wurde in dem sich dem Ende neigenden Spieljahr 2021/22: In dieser Liga kann jeder jeden schlagen! Spitzenteams wollen sie nicht hören, und von abstiegsbedrohten Teams wird es oft hochstilisiert. Und doch muss man genau diesen Satz bemühen um zu erklären, wie ein Team, welches vier Tage zuvor den Tabellenzweiten in dessen Halle schlägt, nun nicht die erforderlichen PS auf die Platte bringt, um dem Konkurrenten aus Thüringen Paroli zu bieten.
Dabei war der Start in die Partie durchaus verheißungsvoll. Eine Abwehr die energisch zur Sache ging, ein Rückhänder von Christoph Neuhold zum 0:1 und gute Lösungen gegen die erwartete 5:1 Abwehr der Hausherren. Doch bereits nach sechseinhalb Minuten gab es den ersten Fingerzeig, dass es ein gebrauchter Tag für die Rot-Weißen werden könnte. Statt zur 2:3 ins Netz, klatschte Rutger ten Veldes Siebenmeter an den Innenpfosten und raus aus dem Tor. Als sich dann nach zehn, zwölf Spielminuten immer mehr technische Fehler ins Spiel der Ferndorfer Jungs reihten, konnte dies der ThSV Eisenach zur ersten Zwei-Tore-Führung des Abends nutzen. Coach Robert Andersson fing an zu rochieren, doch Besserung war nicht in Sicht. 10:6 lautete der Zwischenstand nach 16 gespielten Minuten. Fynn Hangstein, dessen Gefährlichkeit Andersson im Vorfeld explizit herausgestellt hatte, war bis zu diesem Zeitpunkt bereits sechs Mal erfolgreich. Es lief nicht mehr viel zusammen bei der TuS-Equipe. Lucas Schneider übernahm dann Verantwortung und brachte seine Farben mit drei Toren zurück ins Spiel. Beim 12:10 in der 20.Minute hatte es gar etwas von Run & Gun Handball. Leider mit dem schlechteren Ende für den TuS. Denn während im Angriff die Lösungsansätze gegen die Eisenacher Abwehr vorhanden waren, wurden diese mehr schlecht als recht zu Ende gespielt. Und in der Abwehr passte die Absprache zwischen Keeper und Abwehr mal so gar nicht. Hier kam allerdings erschwerend hinzu, dass der am Freitagabend so überragend agierende Lucas Puhl sich kurzfristig mit Fieber abmelden musste und die Fahrt an die Wartburg gar nicht erst mit antrat. Die somit geschwächte Defensivachse der Ferndorfer hebelten die Eisenacher immer wieder mit einfachsten Mitteln aus. Nach mehreren Kreuzungen den Halbrechten holen, dieser zieht ungestört an der Abwehr, die in diesen Fällen den Namen nicht verdiente, vorbei und schließt dann im kurzen Eck ab. So stand nach dreißig Minuten ein 17:14 auf der Anzeigetafel, welches noch alle Möglichkeiten für Durchgang Zwei offen ließ.
Die Chancenverwertung war sicherlich Thema in der Halbzeitansprache Anderssons, denn Eisenach war kein übermächtiger Gegner und bot immer wieder mal Möglichkeiten an. Was dann allerdings zwischen der 34. und 44.Minute passierte, wird wohl noch für viel Gesprächsstoff in den nächsten Tagen sorgen. Nach dem Anschlusstreffer von Mattis Michel zum 19:16 ging nichts mehr zusammen. Während die in Blau gekleideten Gastgeber mit einer aggressiven Abwehr den TuS immer wieder ins Zeitspiel zwangen, fehlte es den Mannen aus dem Siegerland an genau jener Aggressivität. „Mit zwei gehaltenen Bällen in sechzig Minuten gewinnt man kein Handballspiel“, legte Andersson den Finger in die Wunde, ohne einzig seine Torhüter in die Pflicht zu nehmen. Denn zu einem guten Abwehrverbund gehört nun mal das Zusammenspiel des Keepers mit seiner Abwehr. Und das war über weite Strecken nicht präsent. So wurde innerhalb der zitierten zehn Minuten aus einem 19:16 Rückstand ein unaufholbarer 27:17 Rückstand. Ideenlos und fahrig zeigte sich der komplette rot-weiße Tross. Als dann nach 48 Minuten Josip Eres ganz allein vor Eisenachs Keeper Fran Lucin auftauchte, diesen aber abwarf statt zu treffen, war dies sinnbildlich für den gebrauchten Tag der Ferndorfer Mannschaft.. Die Crunch-Time wurde zur Farce, da nur noch Ergebniskosmetik betrieben werden konnte. Eisenach hatte sich längst den Luxus erlaubt, den Dreh- und Angelpunkt des Spiels, Fynn Hangstein, zu schonen. „Schon in der ersten Halbzeit laden wir Eisenach mit Fehlpässen zu Tempogegenstößen ein und kassieren zu einfache Tore“, sah Andersson aber bis zum Spielende keine Besserung bei den Seinen. Einziger Lichtblick bei der verdienten Niederlage war das Debüt des ukrainischen Nationallinksaußen Oleksandr „Sascha“ Kasai. Dieser löste den glücklosen ten Velde ab und traf sowohl aus dem Feld, wie auch von der Siebenmeter-Marke. Und so gilt es die positiven Ansätze mitzunehmen aus diesem schlechten Abend in Eisenach. 35:26 lautete der Endstand. Doch, um eine Redewendung aus dem Fußballbereich zu zitieren: Vielleicht ist es besser einmal mit neun Toren zu verlieren, als neun Mal mit einem Tor!
Immer mehr kristallisiert sich die Marke von 30 Punkten heraus, die am Ende zum Klassenerhalt reichen könnten. Dafür benötigen die Jungs vom Kindelsberg noch acht Punkte aus den verbleibenden acht Spielen. Eine nicht unrealistische Aufgabe, wenn man doch weiß was die Jungs zu leisten im Stande sind. Die erste der acht letzten Aufgaben im Saisonendspurt wartet am Samstagabend auf die Andersson-Mannen. Die Eulen aus Ludwigshafen sind zu Gast. Im Hinspiel gab es eine Punkteteilung. Im Rückspiel sollen beide Punkte in der Stählerwiese bleiben. Es bleibt zu hoffen, dass auch die Siegerländer Handballfans weiter Lust auf Zweitliga-Handball haben. Denn dann wird der Hexenkessel Stählerwiese den Rot-Weißen Flügel verleihen, so dass am Ende der Saison die weitere Zugehörigkeit in die zweithöchste deutsche Spielklasse gefeiert werden kann.
Tore: Lucas Schneider (5), Christoph Neuhold, Lukas Siegler, Simon Strakeljahn (je 3), Oleksandr Kasai (3/2), Andreas Bornemann, Josip Eres, Rutger ten Velde (je 2), Niklas Diebel, Mattis Michel, Julian Schneider (je 1)