Die Stählerwiese mit Schul- und Sportzentrum – ein in den sechziger Jahren begonnenes Bauprojekt, welches sich nun seit knapp fünfzig Jahren Heimstätte des TuS Ferndorf nennt. Ein Bauwerk aus Beton und Stahl, welches Stoff für Legenden bietet und Handball atmet. Begegnungsort und emotionaler Treffpunkt für Fangenerationen. Ein Stück Heimat, in dem sich Menschen treffen und in dem Handball gelebt wird. Der heißgeliebte Hexenkessel. Inzwischen pilgern im Schnitt über 1100 Zuschauer zu den Heimspielen des TuS Ferndorf. Nicht wenige schon seit mehreren Jahrzehnten, einige aber auch erst seit ein paar Wochen. Und egal wie lang und egal wie alt – jeder Fan lässt sich anstecken von der typischen Hexenkessel-Atmosphäre. Dieses besondere Flair soll die Michel & Co. bis in den Juni, wenn die Aufstiegs-Relegation stattfindet, hinein tragen. Doch erst einmal gilt es noch ein paar Schwergewichte der 3.Liga Süd-West aus dem Weg zu räumen. Und eines dieser Top-Teams stellt sich Samstagabend in Kreuztals guter Stube vor.
Der völlig missratene Saisonstart, verbunden mit dem langen Ausfall des Dreh- und Angelpunktes des Gelnhäuser Spiels, Jonathan Malolepszy, sah nach dem fünften Spieltag einen TV Gelnhausen am Tabellenende. Eine Momentaufnahme, die der wahren Leistungsstärke der Hessen wahrlich nicht gerecht wurde. „Gelnhausen spielt neben Saarlouis den schnellsten Handball der Liga“, ist auch Ferndorfs Chefcoach Ceven Klatt voll des Lobes über den kommenden Gegner. Zudem hat die Mannschaft vom Trainerteam Sergej Budanow und Matthias Geiger mit Julian Lahme einen starken Rückhalt im Kasten. Der ehemalige Junioren-Nationaltorwart ist durchaus in der Lage, mal für ein paar Minuten seinen Kasten zu vernageln. Ob der zuletzt fragliche, und eingangs erwähnte, Malolepszy nun dabei ist oder nicht, daran macht Klatt seine Spielvorbereitung nicht fest: „Wir bereiten uns auf alle Gegebenheiten vor!“ Was nicht die schlechteste Variante ist, denn mit dem TV Gelnhausen stellt sich ein Team in der Stählerwiese vor, welches mit viel Rückenwind und zuletzt 9:1 Punkten nach Kreuztal kommt. Das Spiel beim Tabellenführer betitelt man bei den Gästen als „das leichteste Spiel der Saison, in dem es nichts zu verlieren, aber alles zu gewinnen gibt“. Was Klatt entsprechend kommentierte: „Das ist der Respekt, den wir uns über die bisherige Saison erarbeitet haben!“
Und wahrlich ist es eine Saison der Superlative, die die Rot-Weißen bislang aufs Parkett zaubern. Doch all das ist Makulatur, wenn die Basics nicht Woche für Woche abgerufen werden. Doch Klatt hat ein Auge für solche Dinge und schiebt irgendwelchen Träumereien schon früh den Riegel vor. Allerdings war die Leine am Rosenmontag sehr locker und es gab trainingsfrei. Das nutzte ein Großteil des Teams für einen Ausflug nach Köln, was wiederum eindrucksvoll die Worte Alexander Reimanns aus dem Livestream des Danseberg-Spiels untermauert: Es ist wirklich ein Team, welches sich Woche für Woche den TuS-Fans präsentiert. Keine Eifersüchteleien oder persönliche Eitelkeiten, sondern ein verschworener Haufen, der das ganz große Ziel fest vor Augen hat. Und das bei dieser Einheit seit kurzem auch mal wieder zwei Eigengewächse mit dabei sind, macht alle rund um den TuS Ferndorf stolz. Jetzt heißt es dranbleiben und weiter hart an sich arbeiten für die beiden Youngsters im Team, Konstantin Kasch und Arvid Pötz. „Ziel sollte auch immer die Entwicklung von Ferndorfer Jungs sein“, hat Klatt mit seinem Trainerteam ein Auge auf die Jugend und den Kader der zweiten Mannschaft. Doch vor all dem erhofften Lohn, liegt eine Menge Arbeit in Form von zwölf noch zu absolvierenden Meisterschaftsspielen in der 3.Liga Süd-West. Gegen den hessischen Gast wird Ferndorfs Coach wieder auf die Tugenden setzen, die das Team groß gemacht haben: Gutes Rückzugsverhalten – den Gegner ins gebundene Spiel zwingen – um dann selber, so oft es geht ins Tempospiel zu kommen. Dabei wird man nichts an der Abwehrformation ändern. Denn auch wenn die Gäste aus Gelnhausen nicht über klassische Shooter im Rückraum verfügen und mehr über Stärken im Eins gegen Eins kommen, spricht Klatt von Dingen wie „Stören des anlaufenden Gegners“, „Geschwindigkeit nehmen“ und „Helfersituationen vereinfachen“. Sprich, vom gewohnten Ferndorfer Abwehrverhalten wird man vorerst nicht abrücken.
Sechs Heimspiele und sechs Auswärtsspiele sind noch zu absolvieren, bevor die jeweils beiden besten Teams der vier dritten Ligen am ersten Juni-Wochenende in die Aufstiegsrelegation starten. Was beim Aufstieg aus den Fußball-Regionalligen schon seit Jahren Einzug gehalten hat, findet nun leider auch vermehrt beim Handball seine Anwendung. Ein Team wird Meister seiner Staffel und steigt nicht auf, weil erst noch weitere Aufstiegsspiele gewonnen werden müssen. Damit diese Partien, bis zum Showdown Mitte/Ende Juni, siegreich gestaltet werden, ist das Team um Kapitän Mattis Michel auf die Unterstützung der Fans angewiesen. Vielleicht wird die TuS-Equipe ja nochmal ganz besonders angestachelt, wenn bei einem der nächsten Spiele Moderator und Hallensprecher Kai Brückmann ins Mikro ruft: Ausverkauft! Vielleicht schon an diesem Wochenende, wenn es für alle Fans der Rot-Weißen wieder heißt: Scream for your team – mit der @familieferndorf, mit der @familietus.
WISSENSWERTES
Gegner: TV Gelnhausen
Einwohner Gelnhausen: 23.200 (zum Vergleich: Ferndorf = 3.900)
Trikotfarbe: rot
größte Erfolge: Zweitligist von 1988-1993 und von 2002-2007