Es knisterte in der Stählerwiese. Nicht aufgrund der Spannung, die das Spiel gegen die HSG Dutenhofen-Münchholzhausen II hervorgerufen hätte. Nein, eher wegen der Gespräche auf der Tribüne, die sich zumeist auf die anstehende Aufstiegsrelegation bezogen. Obendrein warb der Fanclub Brigade C für einen kleinen Obolus, damit die zu erwartenden Choreographien in der Aufstiegsrunde finanziert sind. Von alldem lassen sich die Michel & Co. momentan nicht von Ihrer Mission ablenken. 59:1 Punkte sollen es am Ende der Saison sein. Und wo in den anderen Staffeln der ein oder andere Aufstiegskandidat wiederholt schwächelt, zieht die TuS-Equipe einsam ihre Kreise. „Es geht halt darum, auch in der schwierigen Endphase einer Saison die Konzentration aufrecht zu erhalten“, weiß Ferndorfs Meistercoach Ceven Klatt nur allzu genau, dass auch die geringste Nachlässigkeit von den Gegnern bestraft wird.
Bestraft wurde zu Beginn des samstäglichen Heimspiels allerdings nur der Gegner aus Mittelhessen. Die Zweitvertretung der HSG Wetzlar, die zeitgleich in Gummersbach spielte, musste auf ihre beiden Topscorer Leon Boczkowski und Lukas Gümbel verzichten. Grippal angeschlagen wollte HSG-Coach Axel Spandau kein Risiko eingehen. Und so fegte der Orkan namens TuS Ferndorf gnadenlos über die Gäste hinweg. Die Spieler auf der Bank feierten jede gelungene Abwehraktion und im Angriff war Josip Eres der Mann der ersten Minuten. Bis zum 5:0 (9.) gingen alle Treffer auf das Konto des 29-jährigen. In der Tennisabteilung des TuS Ferndorf hätte man am darauffolgenden Spielstand seine wahre Freude gehabt und ausgerufen: 1.Satz, 6:0! Erst danach kamen die Hessen im Spiel an und verbuchten erste Torerfolge, die von einer kleinen Fankolonie auch frenetisch bejubelt wurden. Doch der TuS-Express hatte mal wieder keine Bremsen. Unermüdlich standen die Michel & Co. auf dem Gaspedal. Janko Kevic mit traumhaften Anspielen, Mattis Michel als Abnehmer selbiger am Kreis und Julius Fanger zweimal von der Linksaußen-Position. Die HSG Dutenhofen-Münchholzhausen II war bis zu diesem Zeitpunkt heillos überfordert und kein Gradmesser für den souveränen Tabellenführer. Bis auf 14:4 (21.) zogen die Siegerländer Handballer unaufhaltsam davon. Hätten die Gäste nicht mit Marius Göbner einen sehr gut haltenden Torhüter im Kasten gehabt, und mit Tizian Weimer einen treffsicheren Rechtsaußen, es hätte noch schlimmer aussehen können aus Sicht des Tabellenzehnten. Klatt machte das Zwischenergebnis aber auch an anderen Dingen fest: „Wir haben das schon sehr, sehr stark gespielt. Kompliment an die Mannschaft für die Konzentration, Herangehensweise und Bereitschaft!“
Die Geschichte der zweiten Halbzeit ist schnell erzählt. Während die Mittelhessen weiterhin die meisten Torerfolge über ihre Außenspieler verbuchten, schaltete der Spitzenreiter ein klein wenig in den Verwaltungsmodus. Nach und nach bekamen alle Spieler ihre Einsatzzeit. Bis auf den leicht angeschlagenen Paul Schikora und den wiedergenesenen Gabriel Viana, der zwar auf der Bank Platz nahm, bei dem man aber kein Risiko eingehen wollte. „Wir wechseln dann auch viel durch und ich versuche, den ein oder anderen zu schonen“, hat Klatt auch die schwierigen nächsten Wochen auf dem Schirm, wenn alle Spieler im Vollbesitz ihrer Kräfte sein sollen. Fanger mit einem Traumanspiel auf Michel. Kurz darauf ein Tor von Fabian Hecker zum 22:11 (41.) und Josip Eres mit seinem neunten Tor. Erstmals hatten die Klatt-Mannen einen Zwölf-Tore-Vorsprung herausgeworfen. Ante Simic bekam nun vermehrt Spielzeit und auch Eigengewächs Arvid Pötz durfte zum wiederholten Male in der 3.Liga ran. Jonas Wilde hatte den gut haltenden Lucas Puhl im Kasten abgelöst und führte sich gleich einmal mit zwei Paraden ein. Unter den vielen Wechseln litt allerdings ein wenig der Spielfluss und auf beiden Seiten waren viele Fehlwürfe zu verzeichnen. Richtig Stimmung kam unter den 1.146 Zuschauern in der 50.Minute auf. Wilde höchst spektakulär mit einer Doppel-Parade und auf der Gegenseite trifft Pötz zum 26:13. Der darauffolgende Einspieler des Eventteams um Kai Brückmann mit dem „Inselfieber“ erschütterte die Stählerwiese in ihren Grundfesten. Die Crunch-Time verkam aufgrund des Spielstands so ein wenig zum Schaulaufen. Fanger legte nochmal einen Doppelpack nach und schraubte sein Saisontor-Konto auf nunmehr 85 Feldtore. Am Ende zierte ein 31:18 die Anzeigetafel. Der Meister hat bei seiner Rückkehr ins heimische Wohnzimmer Stählerwiese die Muskeln spielen lassen.
Ebenso beeindruckend wie die Leistung der Mannschaft ist die Zuschauerzahl. Der Schnitt pendelt sich mehr und mehr bei über 1.100 TuS-Fans ein. Und so ist es wahrlich nicht vermessen daran zu glauben, dass es beim ersten Play-Off-Heimspiel gegen den Südstaffel-Zweiten am 2.Juni zum ersten Mal in der umgebauten Stählerwiese heißt: Ausverkauft! Alle Fans der Rot-Weißen sind aufgerufen, sich zeitig ihr Ticket zu sichern. Am Montag, 29.April um 10 Uhr fällt der Startschuss. Neben den bereits informierten Dauerkarten-Inhabern können sich dann alle Handball-Fans im Siegerland ihr Ticket für den Aufstiegskrimi sichern. Dann heißt es bei allen Handball-Fans rund um eines der ältesten Dörfer des Siegerlandes: Alle dabei für Liga Zwei!
Tore: Josip Eres (9/3), Julius Fanger, Valentino Duvancic (je 5), Mattis Michel (4), Marvin Mundus (3), Arvid Pötz (2/1), Fabian Hecker, Janko Kevic, Ante Simic (je 1)
Fotos: H.Burbach und RGR