Da wo Topspiel drauf steht, ist ganz oft leider kein Topspiel drin. Das war allerdings am Sonntagnachmittag in der Kreuztaler Stählerwiese ganz anders. Denn das Topspiel der bislang ungeschlagenen Teams der 3.Liga Süd-West aus Ferndorf und Krefeld hatte alles, was sich der Handballfan von solch einem Spiel wünscht. Und so kamen die 1282 Zuschauer, die Saison-Rekordkulisse bedeuteten, voll auf ihre Kosten. „Ich bin dem fantastischen Publikum dankbar für die tolle Unterstützung. Die Jungs haben das Publikum mitgenommen. Und die Kulisse hat es dann geschafft, mit dem Support fünf bis zehn Prozent mehr aus den Jungs rauszuholen“, war Ferndorfs Coach Ceven Klatt zum einen „zufrieden und stolz auf das Team“. Andererseits aber auch beeindruckt von der Lautstärke, die der Hexenkessel Stählerwiese immer wieder entfachte!
Josip Eres eröffnete von Rechtsaußen den Torreigen. Und Julius Fangers Treffer zum 2:2 (3.) sollte erst einmal das letzte Mal Gleichstand für den TuS bedeuten. Denn der Gast vom Niederrhein zog, gestützt auf einen guten Sven Bartmann im Tor und einen treffsicheren Christopher Klasmann im linken Rückraum, auf 2:5 (8.) davon. Zu diesem Zeitpunkt musste Fabian Hecker schon zum ersten Mal mit einer Zwei-Minuten-Strafe auf der Bank Platz nehmen. Und, sehr ungewohnt, Josip Eres scheiterte mit dem ersten Siebenmeter des Spiels. Dieser Drei-Tore Rückstand hatte Bestand bis zur 14.Minute. Zwei Spieler waren nun auf den Plan getreten, die in den ersten zehn Minuten so gar nicht in Erscheinung getreten waren. Vorne glänzte Janko Kevic als Anspieler sowie Vollstrecker, und im Kasten des TuS Ferndorf nahm auch Lucas Puhl mehr und mehr am Spielt teil. Jonas Wilde, der vergangene Woche in Ratingen noch so famos gehalten hatte, war im Abschlusstraining auf einen Ball getreten und musste aufgrund dessen seinen Dienst quittieren. Doch „Puhlic“ hatte nun sichtlich Fahrt aufgenommen und zog den Gästen mit weiteren Paraden den Zahn. Beim 9:9 in der 19.Minute nahm Klatt eine Auszeit und justierte einige Dinge neu. Unter anderem trat nun der Mann mit der Nummer 18 auf den Plan. Daniel Hideg, letzte Woche schon mit einigen Spielanteilen und ganz wertvollen Toren in der Schlussphase, kam für Julius Fanger. Fanger und Kevic – dieses Duo hatten die Seidenstädter als Spielentscheider ausgemacht und bedachten Beide mit einer sehr intensiven Betreuung durch den Krefelder Abwehrverbund. Nach den Rochaden auf dem Feld dauerte es noch bis zum 10:11 (21.), bis dann der TuS-Express so richtig Fahrt aufnahm. Zwei Mal der angesprochene Hideg und zwei Mal Nikita Pliuto. Das Ganze garniert mit einem Treffer des eingelaufenen Alexander Reimann – fertig ist der Fünf-Minuten-Zwischenspurt der TuS-Equipe. Aus einem Ein-Tore-Rückstand machten die Michel & Co. innerhalb von 300 Sekunden eine Vier-Tore-Führung. Der Hexenkessel stand kurz vor der Eruption. Mark Schmetz, niederländischer Alt-Internationaler und Coach der HSG Krefeld, zog mit einer Auszeit die Notbremse. Zu sehr standen ihm die Rot-Weißen auf dem Gaspedal. Und seine Umstellungen fruchteten. Krefeldes Halbrechter Robert Krass ging mit seinen Toren Nummer Drei und Vier voran und brachte sein Team bis zur Halbzeit wieder auf 16:14 heran.
Die zweite Halbzeit wurde dann zur Hideg-Show. Als Torschütze glänzend, fanden aber auch seine Anspiele an den Kreis immer wieder Abnehmer. Hierbei tat sich insbesondere Pliuto hervor, der am Ende keinen Fehlwurf zu verzeichnen hatte. Beim 22:18 in der 29.Minute war der TuS wieder auf vier Tore enteilt. „Gerade im Abwehrverbund ein emotionaler, kämpferischer Auftritt. Wir zwingen Krefeld in Hälfte Zwei immer wieder ins Zeitspiel“, war Ferndorfs Coach insbesondere mit dem Rückzugs- und Abwehrverhalten seiner Jungs einverstanden. Die Schwarz-Gelben standen nun ihrerseits wieder viel tiefer und machten die Räume enger. Das nahm dem Angriffsspiel der Siegerländer die Wucht, so dass der TuS-Motor mehr und mehr ins Stocken geriet. Eres, Hideg und teilweise auch Pliuto saßen nun draußen und wurden für die Crunch-Time geschont. Und so kam es wie es kommen musste. Beim 23:23 (47.) standen die Uhren wieder auf Null. Doch die beiden Kroaten in Diensten des TuS, Eres und Kevic, sorgten binnen kürzester Zeit wieder für eine Drei-Tore-Führung, mit der es auch in die Crunch-Time ging. Immer wieder hatten die Klatt-Mannen die Chance auf vier Tore zu erhöhen und eine Art Vorentscheidung herbeizuführen. Stattdessen kamen die Gäste immer wieder auf zwei Tore heran. Mehr noch – zwei Minuten vor Schluss sorgte Krefelds Kreisläufer Lars Jageniak für den 29:28 Anschlusstreffer. Was dann passierte, beschreibt den Ablauf des Spitzenspiels mit zwei Sätzen. Hinten verbarrikadierte Puhl, der am Ende auf weit über zehn Paraden kam, seinen Kasten. Und vorne trafen die beiden Hauptprotagonisten des Spiels auf Ferndorfer Seite, Hideg und Pliuto. Was danach folgte war rot-weiße Glückseligkeit.
Die Tabellenführung ist in Siegerländer Hand. Nun können die Jungs vom Kindelsberg das Meisterrennen von vorne weg fahren. Klar ist man ab sofort der Gejagte. Aber diese Ausgangssituation hat das ganze Team gewollt und brennt darauf, schon am kommenden Wochenende als Tabellenführer nach Ludwigshafen zu fahren. „Wir haben dem Druck standgehalten und dürfen Platz Eins ein bisschen genießen. Und dann geht es schon weiter mit der Auswärtsaufgabe bei der mHSG Friesenheim-Hochdorf II“, ist Klatt mit seinen Gedanken schon beim nächsten Spiel.
Tore: Daniel Hideg (8), Josip Eres (6), Nikita Pliuto (5), Mattis Michel (4), Marvin Mundus (3/2), Janko Kevic, Alexander Reimann (je 2), Julius Fanger (1)
Fotos: H. Burbach