Der Zweitligist erledigt seine Aufgabe kompromisslos

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Es sind die besonderen Geschichten, die der Pokal schreibt und die den Pokal so liebenswert machen. Und Hallensprecher Kai Brückmann nahm den Ball auf und sprach in seiner Abmoderation vor dem Spiel den Satz, der in Sportdeutschland schon millionenfach verwendet wurde: „Der Pokal hat seine eigenen Gesetze!“ Doch der Abend des 12.September 2023 hielt leider keine dieser besonderen Geschichten bereit. 583 Zuschauer in der Kreuztaler Stählerwiese sahen stattdessen einen Gast aus dem Stuttgarter Speckgürtel, der sechzig Minuten lang seine Qualitäten auf die Platte brachte.

Doch zu Beginn der Partie rieb sich der ein oder andere Zuschauer verwundert die Augen. Denn die Rot-Weißen vom Kindelsberg egalisierten umgehend die 0:2 Führung der Gäste. Das Highlight des gesamten Spiels gab es dann schon in Minute Sieben zu bejubeln. Janko Kevic setzte Mattis Michel mit einem No-Look-Pass hinter seinem Rücken in Szene. Ein Tor, und dessen Entstehung, die das Eintrittsgeld wert waren. Die TuS-Equipe spielte die Partie nun von vorne weg. Julius Fanger, extrem spielfreudig und torgefährlich, erhöhte auf 5:4 (10.). Und dann gab es auch schon den nächsten Zungenschnalzer zu bewundern. Kempa-Anspiel von Fanger auf Kevic, und dieser erhöht auf 6:5 (13.). Es war eine Freude den beiden Rückraum-Protagonisten des TuS Ferndorf zuzusehen. Und obendrein stellten die TuS-Jungs eine Defensive, wie man sie sich wünscht. Nikita Pliuto und Mattis Michel im Innenblock, sowie Alexander Reimann und Marvin Mundus auf den Halbpositionen, stellten ihre Gegenspieler meist schon auf sieben, acht Meter und zwangen die Bietigheimer so zu dem ein oder anderen Verlegenheitsabschluss. Und vieles von dem, was dann noch durchkam, wurde zur Beute eines gut haltenden Jonas Wilde im Tor. Mit dem Treffer Reimanns zum 8:7 (16.) war es allerdings vorbei mit der Ferndorfer Herrlichkeit. Coach Ceven Klatt beschrieb die Phase zwischen der 16. und 24.Minute so: „Wir geraten in Unterzahl und machen ein paar Fehler, die Bietigheim im Stile einer Top-Mannschaft bestraft. Dazu kommen dann noch ein, zwei Entscheidungen der Schiedsrichter die diskutabel sind und wir verlieren komplett den Faden.“ Ein 0:7 Lauf – das Ergebnis auf der Anzeigetafel war erbarmungslos. Innerhalb von nur acht Minuten hatte sich die toll aufspielende TuS-Equipe um den Lohn ihrer Arbeit gebracht. Mundus zum 9:14 und ein nachfolgender Kempa von Fanger auf Eres zum 10:14 nährten noch einmal die Hoffnungen der TuS-Fans. Doch nicht nur im Angriff taten sich die Michel & Co. nun immer schwerer. Auch die kräftezehrende Abwehrarbeit hinterließ erste Spuren beim Drittligisten. Einzig Mundus, von der Halbrechts-Position, strahlte noch Torgefahr aus. Kevic, der nach seiner Zeitstrafe in der 16.Minute nicht mehr an seine Klasse-Leistung aus der Anfangsviertelstunde anknüpfen konnte, verwarf zu allem Übel, mit der letzten Aktion der ersten Halbzeit, noch einen Siebenmeter. So ging es mit einem 12:18 in die Pause. Die Hoffnungen auf eine Überraschung waren fast auf dem Nullpunkt.

An der Gemengelage sollte sich nach dem Pausentee nicht viel ändern. Auf der einen Seite der Drittligist, der weiterhin alles versuchte, und in Person von Mundus seinen torgefährlichsten Akteur hatte. Auf der anderen Seite der ambitionierte Zweitligist, mit einem famos haltenden Filip Baranasic zwischen den Pfosten. Zudem kassierte die TuS-Abwehr insgesamt siebzehn Tore von den Außenpositionen. Ergo, man wurde allzu oft aus den Schuhen gespielt. Von der aggressiven und früh heraustretenden Deckung aus der Anfangsphase des Spiels war nichts mehr zu sehen. Ferndorfs Coach sprach nach dem Spiel Klartext: „Es ist ja kein Beinbruch, gegen eine Mannschaft wie die SG BBM Bietigheim aus dem Pokal auszuscheiden. Aber die Art und Weise stimmt mich extrem unzufrieden. So wie in Teilen der zweiten Halbzeit dürfen wir uns gegen Niemanden präsentieren.“ Als Eres nach ziemlich genau vierzig Minuten eine doppelte Zeitstrafe erhielt, sollte auch dem größten Optimisten im Lager der Siegerländer klar gewesen sein, dass an diesem Abend keine Pokalüberraschung mehr möglich war. Dafür muss an solch einem Abend wirklich alles passen. Und neben so Dingen wie der Torhüterleistung und fehlendem Spielglück, konnten sich obendrein die Süddeutschen besser auf die Linie der beiden Unparteiischen einstellen. Mehr und mehr bekam man den Eindruck, dass bei der Romero-Sieben nun alles funktioniert und beim TuS Ferndorf keiner mehr das Ruder herumreißen konnte. Über die Zwischenstände von 17:24 (38.), 19:29 (43.) und 22:33 (49.), verkam die Crunch-Time zum Schaulaufen des Zweitligisten und zur nicht enden wollenden Pflichtveranstaltung für die Klatt-Mannen. Zu allem Überfluss kassierte Fabian Hecker in der 54.Minute noch die rote Karte. Es gilt aber zu konstatieren, dass die Highlights dieses Spiels von den Jungs in Rot und Weiß gesetzt wurden. Denn das abschließende Tor Marko Karaulas zum 26:41 Endstand war das dritte Kempa-Tor des Spiels. Zudem das wunderschöne Anspiel von Kevic auf Michel in der ersten Hälfte. Und auch wenn Klatt mit der Präsenz seiner Mannschaft in Halbzeit Zwei haderte, muss man den Fokus nun wieder ganz klar auf das Wochenende und den Punktspielbetrieb richten.

Gegner in der Stählerwiese am Samstagabend sind dann die Bergischen Panther. Eine Mannschaft, die letztes Jahr Vierter in einer starken West-Gruppe geworden ist. Höchste Vorsicht ist also geboten, damit der TuS seine weiße Weste behält. „Wir werden die Lehren aus dem Spiel ziehen und am Samstag die passende Antwort geben“, kündigt Klatt einen couragierten Auftritt der Seinen an. Wer da nicht fehlen darf, sind die, die die Stählerwiese alle zwei Wochen zum Hexenkessel werden lassen. Die treuen Fans, die hoffentlich auch am Samstag wieder für eine tolle Stimmung sorgen und das Team zu Saisonsieg Nummer Drei tragen.

Tore: Marvin Mundus (8/2), Julius Fanger (5), Janko Kevic (4), Mattis Michel (3), Nikita Pliuto (2), Josip Eres, Marko Karaula, Alexander Reimann, Gabriel de Rocha Viana (je 1)


Fotos: M. Lehmann und TuS Ferndorf

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