Ferndorf ohne Siegchance gegen einen der Aufstiegsfavoriten

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Bereits nach Erreichen der Aufstiegsrunde war im Lager des TuS Ferndorf allen bewusst, dass eine sehr, sehr hohe Mauer übersprungen werden muss, um am Ende der Runde auf einem der begehrten Plätze Eins oder Zwei zu stehen. Inzwischen ist aus der Mauer ein Wolkenkratzer geworden. Beide Trainer betonten nach dem Spiel nochmal die Tatsache, dass alle neun teilnehmenden Mannschaften eine hohe Qualität besitzen. Doch bei allem Verständnis für die Worte der Coaches, nach zwei Niederlagen in den ersten zwei Spielen wird das Erreichen der angesprochenen Platzierungen für den TuS Ferndorf wohl nur noch gelingen, wenn man sich keinen Ausrutscher mehr erlaubt.

Es war angerichtet in Kreuztals Handballtempel. 1260 Zuschauer waren bereits vor dem Spiel bester Laune. Kai Brückmann, Hallensprecher und zugleich Meister des Entertainments, führte zum ersten Mal die La-Ola-Welle in der Stählerwiese ein – welch beeindruckendes Bild und welch überragende Stimmung, wie auch Gästetrainer Davor Dominikovic nach dem Spiel betonte: „Es war eine Ehre für mich hier in Ferndorf zu sein. Ich hatte viel von dieser Stimmung gehört, sie nun aber zum ersten Mal erlebt. Mein Respekt geht an die Zuschauer!“

Es begann mit einem tollen Eins gegen Eins von Marvin Mundus. Dieser konnte nur noch regelwidrig gestoppt werden. Den fälligen Strafwurf verwandelte Mundus höchstselbst zum 1:0. Zu diesem Zeitpunkt konnte man nicht ahnen, dass es die letzte Führung der Gastgeber sein würde. Doch was zu erahnen war, dass die Gäste aus dem Hannoveraner Stadtteil eine äußerst gute Abwehr aufs Feld stellten. Offensiv ausgerichtet gegen die Ferndorfer Rückraumschützen, schnell auf den Beinen und dadurch perfekt verschiebend. Mit dem 1:2 (7.) durch zwei Tore von Matthias Hild kippte das Momentum auf die Seite der Niedersachsen. Doch abschütteln lassen wollten sich die TuS-Jungs nicht. Ein ums andere Mal gelang die Egalisierung des Spielstandes. Nicht nur beim Ausgleich in Überzahl zum 4:4 (11.), sondern über das gesamte Spiel war erkennbar, dass sich das Trainerteam Andersson/Michel einiges überlegt hatte. Situationen mit zwei Kreisläufern oder neue Spielzüge in der Überzahl. Nur mit der punktgenauen Verwertung haperte es ab und an. Nach der ersten Zwei-Tore-Führung Vinnhorst beim 6:8 (16.) war es Niklas Diebel vorbehalten, das erste Ferndorfer Tor eines Halbspielers zu erzielen. Eines sei vorweg genommen. Die eingesetzten Halblinken und Halbrechten der Rot-Weißen brachten es am Ende nur auf magere drei Tore. Tim Hottgenroth hatte nach gut zehn Minuten den glücklosen Lucas Puhl abgelöst. Eine goldrichtige Entscheidung, denn Hottgenroth vernagelte zeitweise seinen Kasten und harmonierte perfekt mit einer gut arbeitenden Ferndorfer Abwehr. Nach einer neuerlichen Parade Hottgenroths verkürzte Valentino Duvancic in der ersten Welle auf 9:10 (23.). Der Hexenkessel stand kurz vor der Eruption. Leider ließ man eine neuerliche Überzahlsituation sträflich liegen und der Gast konnte zum ersten Mal auf drei Tore davonziehen. Mit dieser Differenz ging es beim 10:13 auch in die Kabinen. Zu diesem Zeitpunkt schon lange nicht mehr auf dem Feld – Kapitän Mattis Michel, der mit Verdacht auf eine schwere Fuß-Verletzung nicht mehr mitwirken konnte und nach dem Spiel auf Krücken ging.

In der Halbzeit sollte symbolisch der Reset-Knopf gedrückt werden. Man war auf Augenhöhe mit einem Topfavoriten der Aufstiegsrunde und nur Nuancen ausschlaggebend für die Vinnhorster Halbzeitführung. Doch innerhalb von sechs Minuten stellte die Truppe vom Mittellandkanal auf 11:17 und beraubte den TuS Ferndorf einer weiteren Stärke. Denn mit dieser deutlichen Führung hatte man es geschafft, dem gefürchteten Hexenkessel ein wenig den Stecker zu ziehen. Andersson versuchte mit einer Auszeit den davongaloppierenden Hannoveranern Herr zu werden, doch seine Mannen bekamen immer mehr den Namen Stefan Hanemann in den Kopf. Dieser hatte sich mit unzähligen Paraden in die Köpfe der Ferndorfer Spieler geschlichen. Je länger das Spiel dauerte, umso weniger Fortune hatte die TuS-Equipe bei Ihren Angriffsbemühungen. Hinten wurde immer noch gut gearbeitet und auch Hottgenroth vermochte immer wieder sein Können zu zeigen. Andersson analysierte es wie folgt: „Wir machen in dieser Phase zu viele technische Fehler. Es ist wie ein roter Faden in dieser Saison: Dinge, die wir in einem Spiel schlecht machen, machen wir im nächsten Spiel gut. Anders herum aber leider genauso.“ Den zweiten rabenschwarzen Tag hintereinander erwischten die Ferndorfer Linksaußen. Auf der anderen Seite schien es so, dass Josip Eres der einzige Spieler war, der Hanemann noch bezwingen konnte. Die ersten Durchbrüche eines Rückraumspielers verzeichneten Fabian Hecker nach 42, respektive Jörn Persson nach 44 Minuten. Die von der Ferndorfer Abwehr nie unter Kontrolle zu bringenden Kreisläufer-Anspiele, sowie die immer wieder einlaufenden Außen, zogen den Gastgebern nach und nach den Zahn. In der 47.Minute nahm Andersson seine dritte Auszeit. Eine Begebenheit die nachhaltig untermauert, wie unzufrieden der Schwede mit der Umsetzung seines Matchplans war. Die Crunch-Time war dann nicht wirklich eine Crunch-Time. In der 54.Minute waren die Rot-Blauen sogar auf elf Tore enteilt (14:25). Es drohte ein echtes Debakel zu werden für den TuS Ferndorf. Am Ende waren es beim 17:27 zehn Tore Unterschied. Die Freunde der Statistik werden lange in den Archiven suchen müssen, um ein Ferndorfer Team zu finden, dass in einem Heimspiel nicht über 17 Tore hinauskam. 

Nun gilt es, in den verbleibenden sechs Saisonspielen, alle Kräfte zu bündeln. Die Ausfälle der beiden Kreisläufer Mattis Michel und Rene Mihaljevic sind ein weiterer Nackenschlag. Doch gerade solche Situationen bieten Chancen. Chancen für Spieler aus der zweiten Reihe und Chancen für das gesamte Team. Denn beim bevorstehenden Doppelspieltag (nach dem Auswärtsspiel in Braunschweig am 29.April geht es bereits am 1.Mai gegen Hildesheim in der Stählerwiese weiter) sollten die Jungs vom Kindelsberg befreit aufspielen können. Viele haben den Aufstiegschancen der Ferndorfer bereits eine Abfuhr erteilt. Gerade das sollte nun aber den Ehrgeiz der Rot-Weißen wecken, diesen selbsternannten Experten zu zeigen, was in dieser Mannschaft steckt !!

Tore: Josip Eres (6/2), Valentino Duvancic (4), Niklas Diebel (2), Julius Fanger, Jörn Persson, Marvin Mundus, Fabian Hecker, Alon Oberman (je 1)


Fotos: M. Lehmann / H. Burbach

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