Es ist in allen Sportarten mit Ligeneinteilung so – der jeweilige Tabellenführer strahlt in seinen Spielen eine gewisse Dominanz aus. Wenn allerdings der Tabellenführer gegen den Tabellendritten eine Machtdemonstration auf die Platte zaubert, dann macht das nachhaltig Eindruck. Und das was die Mannen von TuS-Coach Ceven Klatt am Samstagabend aufs Nieder-Rodener Parkett gezaubert haben, hat sicherlich in den anderen Drittliga-Staffeln Deutschlands Eindruck geschunden.
„Zu Beginn des Spiels hat die Halle gebrannt und wir wussten, dass wir gefordert sind.“ Klatts Worten ließen die Michel & Co. von Beginn an Taten folgen. Mit an Bord war auch Gabriel Viana, der zuletzt noch geschont wurde, nun aber seinem Coach eine weitere Alternative für die Linksaußen-Position an die Hand gab. Zwei Dinge waren in der Anfangsphase besonders auffällig. In der Abwehr rührte der Innenblock mit Mattis Michel und Daniel Hideg Beton an. Und im Angriff zeigten die Jungs vom Kindelsberg eine gnadenlose Effektivität. Angeführt vom „Motor und Hirn des Ferndorfer Spiels“, wie es die beiden ausgezeichneten Kommentatoren bei Sportdeutschland.tv ausdrückten, zeigte Janko Kevic einen Gala-Auftritt. Nach drei Torvorbereitungen in Folge netzte er zum 2:5 in der 9.Minute selbst. Und nachdem Josip Eres seinen ersten Siebenmeter eiskalt mit einem Heber verwandelte, zog der Coach der Baggerseepiraten, Jan Redmann, mit einer Auszeit die Notbremse. Die Siegerländer Handballer standen ununterbrochen auf dem Gaspedal. Und alles was den Abwehrverbund der Rot-Weißen überwand, wurde zur sicheren Beute des gut haltenden Lucas Puhl im TuS-Tor. In der Zeit zwischen der 4. und 19.Minute gestatte die TuS-Equipe den Gastgebern gerade einmal zwei Tore! „Wir decken in der ersten Viertelstunde fantastisch“, war auch Klatt sehr zufrieden mit dem Auftritt der Seinen, fand aber zugleich auch Anlass zur Kritik: „Wir müssen allerdings mit einem höheren Vorsprung in die Halbzeit. Durch einige Fehler kassieren wir zwei Tore zu viel!“ Klatt dürfte die Phase nach dem 6:13 (21.) meinen. Statt diesen Vorsprung mitzunehmen oder auszubauen, gestattete man dem Gastgeber nun einige Abschlüsse. Nieder-Rodens Halbrechter Henning Schopper traf nun aus dem Feld und vom Siebenmeter-Strich. Unterbrochen wurde die gute Phase der Hausherren unter anderem von einem Traumtor Fabian Heckers, der nur wenige Sekunden später seinen Gegenspieler in der Abwehr fest machte. Eine bessere Beschreibung über die Willensstärke der Ferndorfer Mannschaft kann es kaum geben. Letzter Aufreger in Halbzeit Eins war der Freiwurf der Gastgeber nach der Schlusssirene. Ohne Not einem Ferndorfer Spieler in der Abwehrmauer den Ball mitten ins Gesicht zu werfen, konnte nur eine rote Karte zur Folge haben. Und so beschwerte sich Nieder-Rodens Niklas Roth auch nicht über seine Disqualifikation.
Die Ferndorfer Torschützen in den ersten acht Minuten der zweiten Halbzeit sind ein Indiz dafür, was der Trainer für die zweite Halbzeit in den Fokus gestellt hatte – Belastungssteuerung. Zwei Mal Julius Fanger, der Kapitän Mattis Michel, Fabian Hecker und Daniel Hideg. Garniert von einem weiter vor Spielfreude sprühenden Kevic. Einem gut haltenden Philipp Höpffner im Nieder-Rodener Tor setzte der Zerberus im TuS-Tor die Krone auf. Lucas Puhl verbarrikadierte seinen Kasten und zeigte vier Paraden in Folge. Und so konnten seine Vorderleute eine Viertelstunde vor Schluss, über 13:19 (34.) und 15:22 (39.), auf 16:25 stellen. Das Spiel war entschieden. „Wir wollten ganz bewusst die Kräfte verteilen. Und hatten den Plan, hinten raus mit Julian Fanger und Marvin Mundus, für die gut agierenden Fabian Hecker und Daniel Hideg, noch einmal frische Kräfte zu bringen“, war Klatts Plan aufgegangen. Paul Schikora übernahm von Josip Eres und auch Ante Simic und Arvid Pötz durften Einsatzminuten sammeln. Es stellte sich in der Folge nur noch die Frage, wie lange die Michel & Co. auf dem Gaspedal stehen würden, resp. wie hoch der Sieg am Ende ausfällt. Doch zum Leidwesen der Gastgeber hatten alle eingesetzten TuS-Spieler weiterhin Lust an diesem Handball-Abend. Beim 18:29 in der 53.Minute waren es zum ersten Mal elf Tore Vorsprung. Und dann kommt hinten raus noch ein Marvin Mundus aufs Feld, der richtig Lust am Torewerfen hat. Drei Mundus-Kracher in Folge mündeten im 19:32 (57.). Auch Ante Simic trug sich noch in die Torschützenliste ein, bevor Rechtsaußen Eres seine wieder einmal starke Leistung mit dem Tor zum 21:35 Endstand krönte. Auch wenn der Coach die mannschaftliche Geschlossenheit in den Vordergrund rückte, war es die Leistung des scheidenden Keepers, die ihm ein Sonderlob abrang. Lucas Puhl war über sechzig Minuten ein starker Rückhalt hinter einem außerordentlich gut agierenden Deckungsverbund.
120 Minuten Drittliga-Handball bekommen die TuS-Fans noch geboten, bevor es in die Play-Offs geht. Ein letztes Mal noch wird Lucas Puhl in einem Meisterschafts-Heimspiel das Ferndorfer Tor hüten, bevor der Gummersbacher nach über zehn Jahren das rot-weiße Trikot an den Nagel hängt. Und wer weiß, vielleicht lassen sich die Fans ja auch noch was Besonderes einfallen zu diesem besonderen Spiel für den, von seinen Mannschaftskameraden, liebevoll genannten „Puhlic“. Deshalb heißt es für die Anhänger des Teams aus dem berühmtesten Handballdorf des Siegerlandes wieder, dabei zu sein und Flagge zu zeigen. Für den TuS, für die Region, für die zweite Liga. Und so heißt es in knapp zwei Wochen, am 18.Mai um 19 Uhr wieder: Alle dabei für Liga Zwei!
Tore: Josip Eres (7/4), Janko Kevic (6), Marvin Mundus (6/1), Julius Fanger (5), Mattis Michel (4), Daniel Hideg (3), Valentino Duvancic, Fabian Hecker, Ante Simic, Gabriel Viana (je 1)
Fotos: A.Domian