Jonas Wilde zähmt die Ratinger Löwen

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Die Ferndorfer Verantwortlichen sollten sich zur Saison 2024/25 Gedanken über ein neuartiges Konzept machen. Mit der Ausgabe der Jahres-Billetts wäre ein Gesundheitscheck beim Kardiologen, für die treue Ferndorfer Anhängerschar, nicht die schlechteste Wahl. Denn nach dem Longerich-Heimspiel, das mit einem Remis endete, gipfelte nun schon die zweite Partie in dieser Saison in einem echten Herzschlag-Finale. Nicht wenige sehen die TuS-Equipe damit aber auf dem richtigen Weg. Denn nur allzu oft hatte man in den vergangenen Jahren, bei Krimis wie dem in Ratingen, das Nachsehen.

Dabei begann das Spiel so, wie sich dass all die, die es mit dem TuS halten, vorgestellt hatten. Der Kapitän machte den Anfang. Mattis Michel, der nach dem Spiel ein Sonderlob seines Trainers erhielt, brachte seine Farben in Front. Als dann Torjäger Marvin Mundus im Zeitspiel zum 1:3 traf (4.) und Jonas Wilde bei den ersten Ratinger Angriffsversuchen seine Hand an den Ball bekam, war der perfekte Start ins Spiel geglückt. Doch abschütteln ließen sich die Gastgeber nicht. Beim 4:4 nach sechs Minuten war das Spiel wieder ausgeglichen. In der siebten Minute kochten dann die Emotionen hoch. Alexander Reimann wurde von Ratingens Tomislav Nuic mit einem mehr als rüden Foul von den Beinen geholt. Pikanterie am Rande: Während Nuic nach seiner Zwei-Minuten-Strafe weiterspielen durfte, war für Reimann, der sichtlich benommen wirkte, die Partie beendet. Und während auf der einen Seite Wilde den ersten von insgesamt vier Siebenmetern der Gastgeber entschärfte, war es auf der anderen Seite Mr. Zuverlässig, Josip Eres, der seine Sache von der Strafwurfmarke gut machte, und am Ende vier von fünf Siebenmetern verwandelte. Eben jener Eres sorgte mit einem schönen Treffer in den langen Winkel fürs 6:8 (10.). Mit dem Spiel Sieben gegen Sechs, auf das sich die Jungs von TuS-Coach Ceven Klatt gut eingestellt hatten, brachten sich die Ratinger nun immer wieder selbst in die Bredoullie. Tor um Tor zog die Klatt-Sieben davon. Beim 8:12 (17.) hatte man erstmals eine Vier-Tore-Führung in der Hand. In dieser Phase kam auch Daniel Hideg auf erste Spielminuten nach langer Verletzungspause. Trotz vieler Personalrochaden im Abwehrverbund kamen die Rot-Weißen immer wieder zu Ballgewinnen, die dann in Gegenstoßtoren mündeten. Als dann Wilde mit einer Doppelparade Siebenmeter und Nachwurf des bundesligaerfahrenen Alexander Oelze parierte und Nikita Pliuto, der am Freitagabend noch in der Bundesliga für Wetzlar auf Torejagd war, auf „plus Sechs“ stellte (11:17, 26.), war der Weg zu einer beruhigenden Pausenführung geebnet. „Ich wäre gerne mit einer höheren Führung in die Halbzeitpause gegangen“, war Klatt dann allerdings mit der Performance der Seinen in den letzten vier Minuten von Hälfte Eins überhaupt nicht einverstanden. Denn statt einer Sechs- oder Sieben-Tore-Führung prangte „nur“ ein 14:18 auf der Anzeigetafel. 

Das Löwenrudel der Blau-Roten kam wildentschlossen aus der Kabine und wollte gleich zu Beginn von Hälfte Zwei aufschließen. Doch in dieser Phase glänzte Janko Kevic mit all seiner Erfahrung. Traumhafte Anspiele auf den Kapitän am Kreis, die Michel allesamt eiskalt verwertete. Dazu ein weiterhin wie ein Schweizer Uhrwerk funktionierender Eres auf Rechtsaußen. Beim Zwischenstand von 20:24 (39.) nahm Ratingens Coach Filip Lazarov seine erste Auszeit. Und die fruchtete – denn das hervorragende Kleingruppenspiel mit dem 2,02 Meter großen Kreisläufer zwang die TuS-Abwehr dazu, immer tiefer zu stehen. Diesen Platz nutzten nun die Ratinger Rückraumschützen gnadenlos aus. Tor um Tor robbten sie sich an den TuS heran. Selbst eine erneute Doppelparade beim Siebenmeter von Wilde brachte keine Besserung. Denn auf der anderen Seite spielte sich Denis Karic im Ratinger Tor in einen Rausch. Minutenlang verbarrikadierte er sein Gehäuse. Mit dieser Phase der Partie haderte auch Klatt nach Spielende: „Insgesamt 21 Fehlwürfe sind deutlich zu viel. Dadurch, dass wir uns nie weit genug absetzen konnten, kam dann irgendwann auch die Halle ins Spiel und unnötigerweise Hektik auf!“ In der 47.Minute war der Vorsprung auf ein Tor zusammengeschmolzen. Und just als die Partie in Richtung Zielgeraden abbog, mussten die Siegerländer Handballer den ersten Ausgleich seit der 7.Minute quittieren. Im Stile eines Spitzenteams war man über weite Strecken der Partie aufgetreten. Und ausgerechnet zu Beginn der Crunch-Time lag das Momentum nun bei den Handballern aus dem Landkreis Mettmann. Linksaußen Gabriel Viana, auf dem nach Reimanns verletzungsbedingtem Ausscheiden die Hauptlast auf dieser Position lag, erwies sich als echter „Grenzgänger“. Auf der einen Seite, mit zwei Zeitstrafen vorbelastet, immer hart an der Grenze des maximal Erlaubten agierend. Auf der anderen Seite Verantwortung übernehmend im Angriff trotz eines Fehlversuchs. Als Mundus in der 55.Minute wieder für eine Zwei-Tore-Führung sorgte, konnte man im Ferndorfer Lager das erste Mal nach bangen Minuten wieder etwas durchatmen. „Daniel Hideg kommt rein und übernimmt sofort Verantwortung“, war Klatt hörbar froh über die Performance seines wochenlang ausgefallenen Rückraumlinken. Denn ausgerechnet Hideg, der auf sein Comeback hingefiebert hatte, nahm sich nun zwei ganz wichtige Würfe zum 29:31 (56.) und 30:32 (58.). Beim nächsten Ballbesitz – Auszeit Ferndorf bei noch knapp zwei Minuten auf der Uhr. Und da war das angesprochene Spitzenteam. Es wankte zwischendurch bedenklich. Doch über weite Phasen hatte man einen äußerst unangenehmen und spielstarken Gastgeber im Griff. Und in der wichtigsten Phase der Partie behielten die TuS-Jungs die Nerven. Ganz genau so, wie man es sich von einem Team erhofft, dass am Ende ganz weit oben stehen möchte. Mundus traf dann mit der Schlusssirene zum Endstand von 30:33. 

„Kein Spiel für schwache Nerven. Aber sehr gut für die Entwicklung, dass wir auch nach so einer heißen, hitzigen Phase am Ende als Sieger vom Platz gehen“ – Klatt gab den Jungs nach dem Spiel einen freien Tag. Doch schon am Dienstag wird der akribische Spielvorbereiter mit seiner Mannschaft voll fokussiert in die Trainingswoche starten. Und dann heißt es alle Augen auf den kommenden Sonntag. Denn mehr Spitzensport geht augenblicklich nicht im Siegerland. Zum Topspiel der 3.Liga Süd-West empfängt der Tabellenzweite aus Ferndorf den augenblicklichen Spitzenreiter HSG Krefeld. In heimischen Gefilden, mit dem Hexenkessel im Rücken, möchten die Klatt-Mannen den Spitzenreiter stürzen. Dabei kommt es auch auf die Unterstützung der Fans an. Die war, u.a. durch die lautstarke Trommel-Unterstützung der Ferndorfer Füchse, auch in Ratingen wieder außergewöhnlich für Drittliga-Verhältnisse. Darum auch an dieser Stelle nochmal der Aufruf für den Besuch des Hexenkessels am ungewohnten Sonntag-Spieltag. Um 16:30 Uhr geht es los – dann heißt es wieder: Scream for your team – #familieferndorf, #familietus !!

Tore: Josip Eres (10/4), Marvin Mundus (6), Mattis Michel (5), Nikita Pliuto, Gabriel da Rocha Viana (je 3) , Julius Fanger, Daniel Hideg, Janko Kevic (je 2)


Fotos: A. Domian

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