Kreisläufer-Probleme überschatten Aufstiegsrunde

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Es war unglaublich viel spekuliert worden im Vorfeld der Aufstiegsrunde. Welche dritte Liga wird wohl die stärkste sein – wird es Mannschaften geben, die dieser Runde ihren Stempel aufdrücken – haben die jeweiligen Tabellenzweiten ihrer Liga überhaupt eine Chance? Inzwischen weiß man, dass in dieser Einfachrunde jeder jeden schlagen kann. So hat der hochgehandelte Ferndorf-Bezwinger vom ersten Spieltag, der EHV Aue, inzwischen schon zwei Remis auf dem Konto. Als torhungrigstes Team nach zwei Spieltagen ist überraschend der MTV Braunschweig ganz vorne anzutreffen.

Womit wir auch beim samstäglichen Gegner wären. Doch der bestreitet nicht nur um 19:30 Uhr das Duell gegen den TuS Ferndorf in der Aufstiegsrunde zur 2.Handball Bundesliga. Nein, bereits um 15 Uhr duellieren sich die B-Jugendlichen aus Braunschweig mit dem Nachwuchs des SC Magdeburg im Achtelfinal-Rückspiel um die Deutsche Meisterschaft. Hauptakteur bei den Gastgebern ist der 16-jährige Jan Mudrow. Ein echtes Juwel im deutschen Nachwuchshandball und Sohn des früheren Weltklassespielers Volker Mudrow. Und der steht ab 19:30 Uhr als Trainer der Braunschweiger Senioren an der Seitenlinie. Mudrow, in der Saison 2002/03 Trainer des Jahres in der Bundesliga, ist scheinbar der einzige Star in der Braunschweiger Mannschaft. Natürlich glänzte Linksaußen Bela Pieles während der Punkterunde mit den zweitmeisten Feldtoren der Nord-Staffel. Und über den Dreh- und Angelpunkt im Spiel der Niedersachsen, Torschützenkönig Philipp Moritz Krause, kann man so einiges berichten. Aber an einen Trainer, der im direkten Umfeld geboren und aufgewachsen ist, den Verein nun ein zweites Mal aus der Verbandsliga bis ans Tor zur 2.Liga geführt hat, gibt es halt kein Vorbeikommen. Dabei hat die Mannschaft durchaus Potenzial, die Überraschungsmannschaft dieser Aufstiegsrunde zu werden. Grund dafür ist u.a. ihr unkonventioneller Spielstil, wie der scheidende TuS-Coach Robert Andersson zu berichten weiß: „Sie spielen fast durchgängig Sieben gegen Sechs mit zwei Kreisläufern. Und auch im Defensivbereich können sie verschiedene Abwehrformationen spielen. Gegen Braunschweig werden wir selbst viele Tore erzielen müssen, um eine Siegchance zu haben.“ Das bisherige Saisonhighlight der Mannen aus der Stadt mit dem wunderschönen Burgplatz, war zweifelsfrei der Heimsieg in der Volkswagen-Arena gegen den TuS Vinnhorst. Knapp 3000 Zuschauer sorgten damals für Gänsehaut-Atmosphäre.

Das Spiel gegen die Jungs vom Trainerteam Andersson/Michel findet hingegen im Braunschweiger Hexenkessel, der Sporthalle Alte Waage, statt. Und da wollen die Siegerländer beweisen, dass die Heimniederlage gegen Vinnhorst, und insbesondere die gezeigte Offensivleistung, eine absolute Ausnahme war. Zwar konnten sich die Rot-Weißen, im Gegensatz zur Auftaktniederlage in Aue, im Abwehrverbund massiv steigern – doch im Angriff warfen die Mundus & Co. im Laufe des Spiels Vinnhorsts Torhüter zum Helden. Dass es inzwischen zu Problemen in der Abwehr kommt, ist einer unglaublichen Verletzungsserie geschuldet. Drei Kreisläufer hatte der TuS Ferndorf im Kader. Zwei waren einsatzfähig, da der scheidende Rene Mihaljevic an einer Handverletzung laboriert. Doch die Betonung liegt auf waren. Denn während sich der Kapitän Mattis Michel bereits früh im Spiel gegen Vinnhorst den Mittelfuß brach, hat es nun auch noch Valentino Duvancic erwischt. Anfang der Woche musste er das Training mit akuten Schmerzen beenden und wird für die beiden Spiele am kommenden Wochenende nicht zur Verfügung stehen. Aus der Not eine Tugend machen lautet somit die Devise für den Coach. Und ungeachtet der Abstimmungsprobleme, werden andere in die Bresche springen müssen. So z.B. Gabriel Viana, der seine Sache im Training außerordentlich gut gemacht hat. Oder aber ein Leander von Mende aus der zweiten Mannschaft. Was beide Vorgenannten nicht auffangen können, ist die Abwehrstärke von Duvancic und Michel. Beide Kreisläufer sind im Normalfall erste Wahl im Innenblock. Somit bleibt von den vier Abwehrspezialisten im Ferndorfer Team nur noch einer übrig – Fabian Hecker, der baumlange Halbrechte, der gegen Vinnhorst schon einige Minuten am Kreis ausgeholfen hatte. „Solange es eine Chance gibt, werden wir alles geben und alles versuchen“, ist Andersson weit davon entfernt die Flinte ins Korn zu werfen. 

Aber dennoch sind die Vorzeichen alles andere als rosig. Am Samstagabend um 21 Uhr endet das Spiel im Harz-Vorland. Und nach einem Videostudium am Sonntagnachmittag geht die wilde Fahrt am Montag schon weiter. Spieltag Nummer Vier, und somit das Heimspiel gegen das nächste niedersächsische Team, den HC Hildesheim, steht um 17 Uhr auf dem Feiertagsprogramm. Zwei Spiele in denen alles passieren kann. Mit zwei weiteren Niederlagen verkommen die restlichen Partien zu einer Art Schaulaufen. Kann hingegen gepunktet werden, springt man vielleicht nochmal an die Fleischtöpfe heran. Nicht zum ersten Mal würde der Sport solch eine besondere Geschichte schreiben. Totgesagte leben länger – eine Begrifflichkeit, die nach dem kommenden Wochenende hoffentlich auch für die TuS-Equipe Anwendung findet.


WISSENSWERTES
Gegner: MTV Braunschweig
Heimspielstätte:  Sporthalle Alte Waage (1.250 Plätze)
Einwohner Braunschweig:  249.000 (zum Vergleich: Ferndorf = 4.000)
Trikotfarbe:  rot / weiß
größter Erfolg: 1986-1988 Handball-Zweitligist

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