Sehr oft, ja fast schon inflationär, fallen im Sport Begriffe wie „Woche der Wahrheit“, „Vier-Punkte-Spiel“, „wegweisendes Spiel“ et cetera. Und auch die aktuelle Woche des TuS Ferndorf ist gespickt mit diesen oben aufgeführten „Weisheiten“. Dazu zählte unter anderem der Auswärtsauftritt beim TV Gelnhausen am letzten Oktober-Samstag 2022. Welch Wichtigkeit dem Spiel innewohnte verdeutlichte zum einen das Team, welches, angeführt von Kapitän Mattis Michel, sich schon vor dem Spiel für die Unterstützung der TuS-Fans bedankte. Und zum anderen die Anzahl eben dieser mitgereisten Fans. Denn die sorgten während der sechzig Minuten für einen tollen Support.
Das Spiel begann mit einem fast zweiminütigen Angriff der Hausherren und deren 1:0 Führung. Dem entgegen stellten sich auf Ferndorfer Seite, nach dem Ausfall Niklas Diebels, wieder die schnellen, wendigen Jungs im Rückraum. Linus Michel und Jörn Persson versuchten den Ausfall Diebels zu kompensieren, was diesmal vor allem dem klug Regie führenden Erstgenannten sehr gut gelang. Gleich zu Beginn wurde auch Tim Hottgenroth im TuS-Tor zum Faktor. Erst netzte er selbst zur 2:3 Führung in der 8.Minute, um nur drei Minuten später den ersten Gelnhäuser Siebenmeter zu halten. Apropos – es vergeht kaum ein Spiel, in dem Hottgenroth nicht mindestens einen Wurf von der Strafwurfmarke pariert. Allmählich schickt sich der 24-jährige an, der Carsten Lichtlein, und somit der Spezialist für Siebenmeter-Paraden, der 3.Liga Süd-West zu werden. Nach dem angesprochenen Siebenmeter war es dann Mattis Michel vorbehalten, mit drei Toren in Folge den Spielstand auf 4:7 (14.) zu stellen. Waren die Anspiele, mit denen Jörn Persson seinen Teamkameraden am Kreis in Szene setzte schon schön anzusehen, kam es in den folgenden Spielminuten zu der Phase mit schönstem Ferndorfer Handball. Ein ums andere Mal wurde lehrbuchreif abgeräumt, bis der Außenspieler dann den erforderlichen Platz zum Verwerten hatte. Diese Chancen ließen sich die beiden fehlerfrei agierenden Josip Eres auf Rechtsaußen und Gabriel Viana auf Linksaußen nicht entgehen. Und somit war beim 6:11 in der 20.Minute eine Fünf-Tore-Führung herausgeworfen. Doch so schön wie diese fünf Minuten waren, so schlecht waren auch die darauf folgenden fünf. Das Auffüllen mit dem sechsten Feldspieler, bei eigener Zeitstrafe, klappte so rein gar nicht. Und auch sonst war, aus welchem Grunde auch immer, irgendwie der Stecker gezogen. Auf Seiten der ganz in rot gekleideten Mannen aus dem Main-Kinzig-Kreis klappte dagegen alles. Fast jeder Schuss landete unhaltbar im Giebel. So wurde aus einer Fünf-Tore-Führung und souverän geführtem Spiel ein Halbzeitstand von 14:14, der auf Ferndorfer Seite einige ratlose Mienen hinterließ.
Doch Robert Andersson hatte in der Halbzeitpause anscheinend die richtigen Worte gewählt. Angeführt von dem weiterhin gut agierenden Mittelblock Fabian Hecker / Mattis Michel wurden auch Marvin Mundus und Gabriel Viana in der Deckung immer besser und aggressiver. Apropos Mundus. Dieser erzielte weniger Tore als sonst, war aber maßgeblich an den wichtigen Treffern des Abends beteiligt. So zum Beispiel beim 15:17 in der 36.Minute. Man hatte bei allen die es mit dem TuS halten das Gefühl, dass nun endlich der von Beginn an erwartete Männer-Handball gespielt wurde. Bis zum 17:19 (39.) legten die Mannen vom Kindelsberg nun immer wieder vor. Viana auf Linksaußen und Eres auf Linksaußen agierten weiterhin ohne Fehler. Insbesondere Eres drehte auf und kam am Ende auf sieben Tore. Was dann dreizehn Minuten, von der 39. bis zur 52.Minute folgte, war der Auftritt eines souveränen Tabellenführers. Lucas Puhl, der in der zweiten Hälfte Hottgenroth abgelöst hatte, war ein uns andere Mal zur Stelle und kroch immer mehr in die Köpfe der Gelnhauser Spieler. Linus Michel agierte klug auf der Mittelposition und sein Bruder Mattis verwertete in altbekannter Manier am Kreis. Die Gastgeber wurden immer wieder ins Zeitspiel gezwungen, so dass in den angesprochenen dreizehn Minuten aus einem 17:19 ein 19:27 wurde. Das wiederum ermöglichte dem Trainerteam Andersson/Michel, im Hinblick auf den kommenden Dienstag, ein wenig den Gang raus zu nehmen. Denn auch wenn die wacker kämpfenden Hausherren nie aufsteckten, auf mehr als vier Tore ließ der alte und neue Tabellenführer sie nicht mehr herankommen. Mit der Schlusssirene stand ein verdienter 24:29 Auswärtserfolg auf der Anzeigetafel. Das Team, inklusive der mitgereisten verletzten Spieler, ließ sich zurecht von den Fans feiern.
Es darf in diesem Zusammenhang eine Frage an die Handballfans im Umfeld des TuS Ferndorf gestattet sein. Auf was, wenn nicht auf die nächsten beiden Heimspiele, will man noch mit einem Besuch im Hexenkessel warten? Der TuS Ferndorf bietet begeisternden Handball und ist souveräner Tabellenführer in der 3. Liga Süd-West. Das gesamte Team hat sich einen Besuch jenseits der 1.000 Zuschauer Marke in den letzten Wochen erarbeitet. Also, lasst uns gemeinsam den Spitzenreiter in der Stählerwiese empfangen, wenn es am Dienstag gegen Haßloch, und vor allen Dingen im Spitzenspiel am kommenden Samstag gegen Hanau wieder heißt: Scream for our team !!
Tore: Josip Eres (7/2), Mattis Michel (6), Marvin Mundus, Gabriel da Rocha Viana (je 4), Julius Fanger, Fabian Hecker, Jörn Persson (je 2), Tim Hottgenroth, Rene Mihaljevic (je 1)
Fotos: A.Domian