Auch für den TuS-Gastgeber des 8. Spieltages der Aufstiegsrunde, den hochgehandelten TV Emsdetten, ist der Traum von der zweiten Handball Bundesliga ausgeträumt. Der EHV Aue aus der Ost- und der TuS Vinnhorst aus der Nordstaffel steigen in die 2.HBL auf. Für alle anderen Vereine heißt es nun Wunden lecken und neu angreifen in der Saison 2023/24. Der letzte Spieltag verkommt ein klein wenig zum Kampf um die Plätze und wird landauf, landab für Abschiedszeremonien genutzt werden.
Zu Beginn der Partie musste man ein wenig Angst um den Ferndorfer Rückraum haben. Die Männer aus dem nördlichen Münsterland gingen mit einer gehörigen Partie Härte in die Partie. Davon ließen sich die Mundus, Persson und Polyshchuk am Anfang den Schneid abkaufen. Viele technische Fehler prägten den Beginn der Partie und erst nach sieben Zeigerumdrehungen gelang Jörn Persson das erste Ferndorfer Tor. Es war der Anschlusstreffer zum 2:1. Nicht begleitet durch tolle Paraden der Torhüter, sondern eher durch technische Fehler en masse. Linksaußen Alexander Reimann schnürte einen Doppelpack zum 3:3 in der 10.Minute, bevor der Gastgeber auf 6:3 davonzog. Nach einer guten Viertelstunde hatten die TuS-Jungs ihre beste Phase. Zum ersten Mal war Tempo im Spiel. Josip Eres versenkte einen Tempogegenstoß, Tim Hottgenroth mit einer Parade und Niklas Diebel zum 7:7 (18.). Emsdettens Coach Sascha Bertow hatte genug von der Partie und bat seine Mannen zum Gespräch. Und seine Auszeit sollte Wirkung zeigen. Wieder einmal drei Treffer in Folge mündeten beim 10:7 (23.) im nächsten Drei-Tore-Rückstand für die Siegerländer Handballer. Was in dieser Phase kolossal fehlte, war Torgefahr aus dem Rückraum. Die war nicht vorhanden, resp. änderte sich das erst durch die Hereinnahme Fabian Heckers. Doch auch seine zwei Tore änderten nichts an der Gemengelage. Emsdettens Keeper Oliver Krechel hatte seinen Kasten zeitweilig vernagelt. Und hätten die Schwarz-Grünen nicht so viele technische Fehler produziert, hätte es zur Halbzeit anders ausgesehen. So ging man, begünstigt durch ein ganz spätes Tor von Gabriel Viana, mit einem 13:10 Rückstand in die Kabine.
Dort schien Coach Robert Andersson die richtigen Worte gewählt zu haben. Doch nicht nur das – auch die Entscheidung Lucas Puhl für Tim Hottgenroth zwischen die Pfosten zu beordern, sollte sich noch als Glücksfall herausstellen. Denn die ersten Minuten gehörten ganz klar dem TuS Ferndorf. Im Angriff entwickelte man Torgefahr aus allen Positionen und hinten schien Lucas Puhl alles zu halten was möglich war. Marko Karaula bat beim 15:14 (35.) seinen Gegenspieler zum Tanz, doch der Aufforderung zur schnellen Links-Rechts-Bewegung konnte sein „Tanzpartner“ nicht folgen. Dass das Spiel weiterhin eine Menge Lapsus parat hielt, sollte für die Persson & Co. nicht von Nachteil sein. Beim 16:16 (42.) war das Spiel zum ersten Mal seit dreiundzwanzig Minuten remisiert. Karaula und Persson schweißten die Kugel mit Brachialgewalt unter die Latte, so dass es mit einer 19:20 Führung in die Crunch-Time ging. Da kippte das Spiel wieder zugunsten des TV Emsdetten. Die hatten Kunde von der Niederlage Krefelds in Oppenweiler/Backnang und wollten ihr Endspiel um den Aufstieg am letzten Spieltag. Dafür mussten die Bertow-Mannen allerdings gewinnen. Und so drehten sie das Spiel beim 23:20 (54.) klar in ihre Richtung. Niklas Diebel und Marvin Mundus scheiterten am Aluminium, während bei Emsdetten nun Anton Runarsson den Taktstock in der Hand hatte. Andersson nahm eine Auszeit und versuchte noch einmal gegenzulenken. Und wahrhaftig – während der lange auf der Suche nach seiner Form befindliche Puhl nun endgültig in den Köpfen der Emsdettener Spieler war, wurden im Angriff zwei Akteure zum Dreh- und Angelpunkt, die man in den letzten Wochen nicht mehr in der Startformation gesehen hatte. Rene Mihaljevic blieb bei zwei wichtigen Treffern an alter Wirkungsstätte eiskalt. Und einer, der mit seinem handballerischen Können in den letzten Wochen gegeizt hatte, spielte nun groß auf. Marko Karaula wurde zum Unterschiedsspieler. Während die Gastgeber immer wieder ein Tor vorlegten – und Puhl zwischendurch einen ganz wichtigen Siebenmeter hielt – ging es mit einem 24:24 in die letzten dreißig Sekunden. Der angesprochene Runarsson netzte zum 25:24 und versetzte die ausverkaufte Emshalle in Ekstase. Doch die Rechnung hatten die, schon Siegerlaune versprühenden, Gastgeber ohne Karaula gemacht. Der 27-jährige nahm sich ein Herz und wuchtete die Kugel zum verdienten Ausgleich in die Maschen. In den noch verbleibenden sechs Sekunden blieb den konsterniert dreinblickenden Gastegebern nicht mehr als ein Verzweiflungswurf, der allerdings geblockt wurde.
Großartige Auswirkungen auf die Tabelle hat der Punktgewinn für den TuS Ferndorf nicht. Doch eine zweieinhalbstündige Rückfahrt macht mit etwas Zählbarem im Gepäck immer ein bisschen mehr Spaß. Und so können sich die Persson & Co. mit der nötigen Entschlossenheit auf das letzte Spiel der Saison 2022/23 vorbereiten. Am kommenden Samstag gastiert der HC Oppenweiler/Backnang in der Stählerwiese. Und da zudem auch wieder, wie jedes Jahr, Verabschiedungen stattfinden werden, erweisen hoffentlich viele TuS-Fans den scheidenden Spielern die Ehre, bevor es dann in die lange Sommerpause geht.
Tore: Marko Karaula (5), Josip Eres, Rene Mihaljevic, Jörn Persson, Alexander Reimann (je 3), Fabian Hecker (2), Marvin Mundus (2/1), Niklas Diebel, Julius Fanger, Alon Oberman, Gabriel da Rocha Viana (je 1)
Fotos: M. Lehmann