Jagen – eine Begrifflichkeit die die Menschheit schon seit ewigen Zeiten begleitet und auch fasziniert. Seit Wochen, ja sogar Monaten, ist der TuS Ferndorf der Gejagte in der 3.Liga Süd-West. Und egal wo, es ist psychologisch immer leichter Jäger als Gejagter zu sein. Aber Woche für Woche erwehren sich die Handballer aus dem Siegerland den Angriffen der Gegner. Woche für Woche ist es für den jeweiligen Gegner das Spiel des Jahres. In diesem Spiel dann den Platzhirsch vom Thron zu stoßen – darauf brennen all die Mannschaften in dieser Liga. Und am Samstagabend war es die vom ehemaligen TuS-Abwehrchef Branimir Koloper betreute HG Saarlouis, die sich dieser Aufgabe annahm.
In den ersten Minuten gingen beide Teams ein brutal hohes Tempo. Viele Tore fielen aus erster und zweiter Welle. Und wenn denn mal eine Mannschaft ins Positionsspiel gezwungen wurde, fiel der Ertrag in Form von Toren recht mager aus. Bis zum 2:3 nach knapp drei Minuten legte der TuS Ferndorf immer vor. Auffällig dabei die Torschützen. Denn mit Josip Eres und Gabriel Viana waren bis dahin nur die Außenspieler erfolgreich. Das Einstudieren erfolgreicher Überzahlsituation war elementarer Bestandteil des TuS-Trainings in der vergangenen Woche. Doch bereits die erste Möglichkeit zum Ausnutzen einer solchen Situation verpuffte wirkungslos. Der Gastgeber aus dem Saarland legte nun vor und nutzte eine nicht beweglich genug agierende TuS-Abwehr zum 6:5 (8.). Doch genau in dieser Phase brachte die TuS-Equipe ihre PS erstmals auf den Hallenboden. Gelungene Kreisläuferanspiele und ein spielfreudiger, portugiesischer Linksaußen stellten binnen kurzer Zeit auf 6:8 (11.). Doch die nun folgenden dreizehn Minuten waren ein Sammelsurium von Fehlwürfen, technischen Fehlern und Aluminiumpech auf Seiten der Andersson-Mannen. Die Saarländer nutzten das im Stile einer Spitzenmannschaft aus. Es wurde sehenswert auf Außen abgeräumt und die Abwehr der Grün-Schwarzen verschob so, wie man sich das eigentlich beim Tabellenführer gewünscht hatte. Dass das Spiel in dieser Phase nicht komplett aus der Hand gegeben wurde, war dem Teufelskerl zwischen den Ferndorfer Pfosten zu verdanken. Lucas Puhl hielt u.a. zwei Tempogegenstöße und war auch ansonsten ein famos haltender Rückhalt seines Teams. TuS-Coach Robert Andersson warf den Anker. Nach 23 Minuten und Zwei-Tore-Rückstand (12:10) wurden Fehler angesprochen und Dinge neu justiert. Unter anderem war nun Valentino Duvancic im Spiel, der sich auch direkt mit einem Treffer einführte. Marvin Mundus zeigte sich weiterhin extrem abgeklärt von der Siebenmeter-Marke und auch Viana funktionierte fortwährend auf Linksaußen. Der Rückstand war egalisiert und im allerletzten Angriff der Saarlouisaner hatte man zum ersten Mal das Gefühl, dass dort eine gut harmonisierende Abwehr auf dem Feld stand. Endlich wurde so verschoben und gearbeitet, wie sich das das Trainerteam schon zuvor gewünscht hatte. Mit dem Halbzeitstand von 14:14 war das Spiel remisiert.
Nach dem Seitenwechsel konnte und sollte es nun also besser laufen. Doch insbesondere den sonst so auffälligen Akteuren wie Jörn Persson und Marvin Mundus klebte weiterhin das Spielpech an den Händen. War es zu Beginn von Hälfte Eins noch ein Torfestival, so verkam die Partie in den ersten zehn Minuten von Durchgang Zwei eher zu einem Fehlerfestival. Auf beiden Seiten wurden technische Fehler produziert. Die einzige Konstante im TuS-Spiel blieb Zerberus Puhl! So steuerten die Spieler über ein 18:18 (40.) und 20:20 (45.) Kopf an Kopf Richtung Crunch-Time. Da war doch was – richtig, Crunch-Time ist wieder TuS-Zeit! Nach einer Auszeit Kolopers fanden die Rot-Weißen ihre Spielfreude wieder. Mundus hatte Eres auf Rechtsaußen abgelöst, was einher ging mit dem Wechsel Fabian Heckers auf Halbrechts. Und der langte kurz vor Beginn der letzten zehn Minuten zwei Mal in unnachahmlicher Weise hin. Und weil auch Persson zu diesem Zeitpunkt endlich den Ertrag für sein aufreibendes Spiel einfuhr, ging es mit einem 24:26 (51.) in die Schlussphase. Puhl erwies sich weiter als Fels in der Brandung und entschärfte manch Saarlouis-Chance, wobei auch die Abwehr nun wesentlich agiler wirkte wie in den ersten zwanzig Minuten. Im Angriff gehörte die Schlussphase dann dem Mann mit der Nummer 14. Persson zeigte nun endlich wieder das was in ihm steckt. Unwiderstehliche Eins gegen Eins Situationen, die er alleine aufgrund seiner Schnelligkeit für sich entscheidet, und sein unbedingter Wille sorgten für atemberaubende fünf Tore in siebeneinhalb Minuten. Am Ende standen also in der Hauptsache der Keeper und der Mittelmann für das Endergebnis von 27:33. Wobei, wenn man das ganze Spiel betrachtet, der Sieg vielleicht sogar zwei, drei Tore zu hoch ausfällt.
Der erwartet schweren Aufgabe an der deutsch-französischen Grenze hat man sich zum Hinrundenabschluss erfolgreich entledigt. Nun warten noch die ersten drei Partien der Rückrunde, bevor es in die verdiente WM-Pause geht. Die erste der drei Herausforderungen erwartet die Andersson-Mannen am kommenden Samstag um 19:30 Uhr in Ludwigshafen bei der VTV Mundenheim. Nicht blenden lassen sollte man sich dabei vom 31:21 Auftaktsieg in der Hinrunde, da sich damals die Gäste aus der Metropolregion Rhein-Neckar schon in der ersten Halbzeit zwei rote Karten einhandelten. Toll wäre es, wenn die Mannschaft wieder auf so eine tolle Unterstützung wie am gestrigen Abend bauen könnte. Denn während das Team durchaus Schwächephasen zeigte, so waren die mehr als 40 mitgereisten TuS-Fans über die komplette Spielzeit lautstarker Rückhalt ihrer Mannschaft.
Tore: Jörn Persson (7), Julius Fanger, Gabriel Viana (je 5), Josip Eres, Fabian Hecker (je 4), Valentino Duvancic (3), Marvin Mundus (3/3), Mattis Michel, Rene Mihaljevic (je 1)
Fotos: M. Lehmann